„Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Netz?

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Simon
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Simon »

http://www.heise.de/forum/heise-online/ ... 6/comment/

Jetzt muss ich meine Meinung zu diesem Thema doch noch mal überdenken. Den oben verlinkten Kommentaren zu einer Meldung zum "Gamergate-Film" zufolge sind einige derjenigen, die gegen Sarkeesian und co. wettern Pegida-Anhänger. Mit solchen Leuten möchte ich nicht am selben Stammtisch sitzen.

Ich finde zwar auch, dass der Artikel ziemlich mies ist und die eigentlichen Hintergründe zu Gamergate vertuscht, aber gleich von Lügenpresse zu reden… Steht es um unsere Gesellschaft wirklich so schlimm?
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Shard of Truth
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Shard of Truth »

Keine Ahnung, aber das ist doch wirklich Aufregung um nichts. Damit ein Film überhaupt in Frage kommt, muss sich das Buch doch überhaupt erst einmal verkaufen und wenn es sich das aller Wahrscheinlichkeit nach nicht tut, ist natürlich auch Gamergate schuld. :lol:

Scarlett Johansson weiß sicher nicht mal wer Zoe Quinn geschweige denn was Gamergate ist, das ist doch in etwas so, als hätte sich Chris Hemsworth gemeldet, Daniel Kübelböck in dessen Memorien darzustellen, was für ein Unsinn und alle schreiben es von einander ab.
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Vainamoinen
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Vainamoinen »

Quinn ist da sicher etwas zu optimistisch. Die Filmrechte hat sich Amy Pascal bereits gesichert, was fantastisch für ein unpubliziertes Buch ist, aber noch kein OK für einen Film bedeutet. Diese Rechte bleiben oft ungenutzt bis zum jüngsten Tag, aus einer ganzen Reihe von Gründen. Hier jedoch ist die Verfilmung ausgesprochen zeitkritisch, da die Bewegung zumindest zum kleinen Teil noch unter diesem klaren Namen und mit dieser klaren Agenda operiert. In ein-zwei Jahren kann Gamergate vergessen sein, während der Aktionismus derselben Ideologie (siehe Hugo-Verleihung 2015) weiter stark bleiben könnte.

Scarlett Johannson weiß selbstverständlich, wer Zoe Quinn ist. Es war für mich gerade in den letzten Monaten überraschend, wie umfassend Hollywood über die Problematik informiert ist und wie viele sich dazu geäußert haben. Von den ehemaligen The Next Generation-Recken etwa haben Will Wheaton und Michael Dorn klarste Worte gesprochen. Ob das Interesse Johannsons an der Rolle mehr als ein Gerücht ist, bleibt natürlich ungeklärt. Es gibt keinerlei wirklich offiziellen Aussagen dazu.

Die Kommentare unter dem Heise-Artikel zeichnen ein extrem übles Bild der deutschen Spielekultur, und auch wenn ich in diese Abgründe mehrfach geblickt habe, möchte ich die Situation doch differenzierter sehen als bei einem Blick in ein Forum, in dem sich konzentriert Uninformierte und Rechtsextreme tummeln. Das sind dumme Kinder, die sich mühselig Unwahrheiten aus dem Englischen übersetzt haben, nach Gutdünken eigene hinzufügen und zuletzt eine ordentliche Portion Stammtischwahnsinn darüberstreuen ("Ohne Zalando und schicke LifestyleHandys wären 99% der Frauen immer noch Offline").

Eine Nähe zu Pegida sprießt natürlich aus dem tatsächlich zentralen Gamergate-Gedanken:
Vainamoinen hat geschrieben:Gamergate ist kein Beitrag zur Sexismus-Debatte in Videospielen. Bei Gamergate geht es, Verzeihung, um die Endlösung für die SJW-Frage. Zu deutsch: Die "Gutmenschen" müssen weg, die ruinieren unsere Spiele.


Mein damaliger Vergleich SJW/Gutmensch war sicher mit Hinblick auf die Pegida-Rhetorik gewählt, auch wenn ich das jetzt nicht völlig pauschalisieren möchte.

Der Aktionismus Gamergates entsteht zumindest aus einer ähnlich sinnlosen und überzogenen Angst vor einer Art kultureller Überfremdung, bis das wirklich nur gefühlt "eigene" an dieser Kultur nicht mehr erkennbar wäre. Aber natürlich können ganz unterschiedliche Menschen mit ganz unterschiedlicher Grundeinstellung zu diesen zwei unterschiedlichen Themen zu unterschiedlichen Ansichten gelangen.

Die Schnittmenge Pegida/Gamergate finde ich persönlich aus oben genannten Gründen verständlich, aber es kann niemand sagen, wie groß oder klein sie wirklich ist.
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Shard of Truth
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Shard of Truth »

Vielleicht kennt sich Scarlett Johannson in der Materie wirklich aus, hoffentlich hat sie sich dann auch die Rede vor dem UN-Ausschuss angehört, bis sie selbst aber dazu in irgendeiner Form was sagt, ist das für mich ein Gerücht, das (wie üblich) ohne eigene Recherche von vielen Medien unreflektiert weitergegeben wurde.
Vainamoinen hat geschrieben: Der Aktionismus Gamergates entsteht zumindest aus einer ähnlich sinnlosen und überzogenen Angst vor einer Art kultureller Überfremdung, bis das wirklich nur gefühlt "eigene" an dieser Kultur nicht mehr erkennbar wäre. Aber natürlich können ganz unterschiedliche Menschen mit ganz unterschiedlicher Grundeinstellung zu diesen zwei unterschiedlichen Themen zu unterschiedlichen Ansichten gelangen.
Angst vor kulturelle Überfremdung in eine Debatte über Spiele zu bringen ist schon etwas sehr weit hergeholt, das würde ja heißen, dass hier (mindestens) zwei Kulturen aufeinander stoßen. Davon kann aber nicht im entferntesten die Rede sein, immerhin wird man so schnell kein zweites Medium finden, was so international wie ein Videospiel ist, die großen Titel AAA+ werden ja sogar von mehreren Teams in vielen unterschiedlichen Ländern entwickelt und auch sonst ist man hier ja sehr breit aufgestellt.

Was eher an die Kernthematik herankommt ist, dass man es mittlerweile einfach leid ist, von vielen der "progressiven" Vertretern der Zunft vorgebetet zu bekommen, warum man den ein bestimmtes Spielelement nicht gutfinden sollte, weil man ja dadurch automatisch zu einem schlechten Menschen würde oder warum ein Spiel, das diese Bezeichnung kaum verdient, jetzt soviel besser sein soll aus übrige Genre-Vertreter, nur weil man den "Mut" hatte zu expermentieren. Wenn dann es noch Klüngelei im Hintergrund stattfindet, weil solchen Spielen durch unlautere Methoden gute Berichterstattung beschafft wurde, ist das natürlich doppelt ärgerlich.

Da trieft die moralische Überlegenheit aus allen Poren, wenn man Entwicklern vorwerfen kann, dass sie Frauen hassen, nur weil es keinen weiblichen Charakter zur Auswahl gibt. Da wird Entwicklern vorgeworfen, dass sie xenophob sind, nur weil in der Fanatasy-Version von Polen des späten Mittelalters nicht genug Hautfarbentypen vorkommen.
Die Gesetze von Logik und Schwerkraft werden aufgehoben, wenn es darum geht, irgendwas an einem Spiel schlecht zu finden, nur weil angeblich irgendwer dadurch "getriggert" wird und wir sonst in die Barbarei zurückfallen.

Warum soll man solchen Unsinn nicht kritisieren und vor allem die, die sich an dieser Debatte gesundstoßen und ihr eigenes Ego befriedigen wollen? Zu solchen Leuten gehören nun mal Anita Sarkeesian, Zoë Quinn, Brianna Wu oder auch Wil Wheaton und Milo Yiannopoulos.
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Vainamoinen
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Vainamoinen »

Ich gehe durchaus davon aus, dass, wenn Johansson wirklich Interesse an der Quinn-Rolle hat, die Rede vor dem UN-Ausschuss mit ausschlaggebend hierfür war: Ein leidenschaftliches Plädoyer zum Erhalt jener Anonymität, hinter der sich Quinns Gegner verschanzen, unter ebenso leidenschaftlicher Ausklammerung aller Begriffe, die auf eine 'Schuld' der Spezies Spieler hindeuten könnten: Kein Wort zu "Gamern", kein Wort zu "Gamergate". Übrigens auch nicht von Sarkeesian.

Mein tiefer Respekt hierzu, aber das nur am Rande.

Shard of Truth hat geschrieben:weil man ja dadurch automatisch zu einem schlechten Menschen würde
Das hat nichts mit den vorgebrachten Argumenten zu tun, nein.
Shard of Truth hat geschrieben:oder warum ein Spiel, das diese Bezeichnung kaum verdient, jetzt soviel besser sein soll aus übrige Genre-Vertreter
Ich verstehe, dass dich das Vorbringen einer positiven Meinung zu einem bestimmten Spiel verärgert. Ich verstehe nicht, warum.
Shard of Truth hat geschrieben:Klüngelei im Hintergrund stattfindet, weil solchen Spielen durch unlautere Methoden gute Berichterstattung beschafft wurde

Gamergate konzentriert sich auf die sicher verklüngelte, jedoch am Hungertuch nagende Indie-Szene, verliert aber über vertraglich vereinbarte positive Berichterstattung im AAA-Bereich (Warner Brothers/Shadow of Mordor) kein Wort. Gamergate versucht die Spur des Geldes an denen zu erschnüffeln, die keines haben. Damit sehen sie zur Feststellung von Korruption systemisch in die falsche Richtung.

Die großen journalistisch-ethischen Aufreger der letzten Monate? Ein Youtuber bekommt von Microsoft je fünfstellige Dollarbeträge für positive Xbox-One-Videos, was seine Fans natürlich nicht wissen. Mehrere Youtuber bewerben exzessiv ein Spiel, ohne ihren Fans zu sagen, dass sie finanziell an der Firma beteiligt sind. Eine Spieleseite häuft ohne jeden Beweis massive Vorwürfe gegen das Projekt Star Citizen an – darunter erkleckliche Beschuldigungen höchst illegaler Vorgänge, in die ihre "Quellen" keinerlei Einblick haben können.

Von all diesen Dingen hat gamergate nichts mitbekommen.

Shard of Truth hat geschrieben:wenn man Entwicklern vorwerfen kann, dass sie Frauen hassen, nur weil es keinen weiblichen Charakter zur Auswahl gibt.
Das hat nichts mit den vorgebrachten Argumenten zu tun, nein.
Shard of Truth hat geschrieben:Da wird Entwicklern vorgeworfen, dass sie xenophob sind
Das hat nichts mit den vorgebrachten Argumenten zu tun, nein.
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Shard of Truth »

Vainamoinen hat geschrieben:Ich gehe durchaus davon aus, dass, wenn Johansson wirklich Interesse an der Quinn-Rolle hat, die Rede vor dem UN-Ausschuss mit ausschlaggebend hierfür war: Ein leidenschaftliches Plädoyer zum Erhalt jener Anonymität, hinter der sich Quinns Gegner verschanzen, unter ebenso leidenschaftlicher Ausklammerung aller Begriffe, die auf eine 'Schuld' der Spezies Spieler hindeuten könnten: Kein Wort zu "Gamern", kein Wort zu "Gamergate". Übrigens auch nicht von Sarkeesian.

Mein tiefer Respekt hierzu, aber das nur am Rande.
Die Rede hat auf jeden Fall einen größeren Einblick in die Gedankenwelt von Quinn gegeben als alles sonst, was ich bisher von ihr gelesen hatte. Für alle Interessieren, eine Aufzeichnung kann man z.B. hier finden, Zoës Part beginnt ab ca. 1:22h. Die Originalquelle ist hier zu finden, aber die will bei mir nicht laufen.
Vainamoinen hat geschrieben:Ich verstehe, dass dich das Vorbringen einer positiven Meinung zu einem bestimmten Spiel verärgert. Ich verstehe nicht, warum.
Dann hast du mich missverstanden, denn auch ich verstehe nicht, wie du jetzt zu dieser Schlussfolgerung kommst. Es geht nicht um positive oder negative Meinungen, es geht darum, dass man sich nicht entblödet für bestimmte Titel das ganz große Fass aufzumachen, um nur der übrigen ("seriösen") Journallistenwelt zu bescheinigen, wie künstlerisch wertvoll doch einige Spiele und wie erwachsen Videospiele doch mittlerweile geworden sind, ohne sie überhaupt noch als richtige Spiele zu betrachten und zu bewerten. Wie gesagt, es geht nicht um irgendwelche Meinungen oder Bewertungen an sich, es geht eher um die Art und Weise, wie sowas passiert.
Und dabei will auch auch künstlerisch und "erwachsene" wertvolle Spiele nicht schlecht machen, da gibt es wirklich einige Ausnahmeerscheinungen (meiner Meinung ganz groß: The Void von Ice-Pick Lodge), alles hat seine Daseinsberechtigung und alles irgendwie seine Schokoladenseite.
Vielleicht empfinde ich persönlich aber auch nur so, dass kann schon sein.
Vainamoinen hat geschrieben: Gamergate konzentriert sich auf die sicher verklüngelte, jedoch am Hungertuch nagende Indie-Szene, verliert aber über vertraglich vereinbarte positive Berichterstattung im AAA-Bereich (Warner Brothers/Shadow of Mordor) kein Wort. Gamergate versucht die Spur des Geldes an denen zu erschnüffeln, die keines haben. Damit sehen sie zur Feststellung von Korruption systemisch in die falsche Richtung.

Die großen journalistisch-ethischen Aufreger der letzten Monate? Ein Youtuber bekommt von Microsoft je fünfstellige Dollarbeträge für positive Xbox-One-Videos, was seine Fans natürlich nicht wissen. Mehrere Youtuber bewerben exzessiv ein Spiel, ohne ihren Fans zu sagen, dass sie finanziell an der Firma beteiligt sind. Eine Spieleseite häuft ohne jeden Beweis massive Vorwürfe gegen das Projekt Star Citizen an – darunter erkleckliche Beschuldigungen höchst illegaler Vorgänge, in die ihre "Quellen" keinerlei Einblick haben können.

Von all diesen Dingen hat gamergate nichts mitbekommen.
Das stimmt einfach nicht, selbst die Ben Tester (Soul Axiom)-Geschichte, bei der er über 10.000 Dollar und mehr für positive Youtube-Berichterstattung zahlen sollte, war ein Thema (wie auch in der letzten Adventure-Treff-Show). Anscheinend lesen wir auf unterschiedlichen Seiten.

Teile der Indie-Szene nagen sicher am Hungertuch, das unlautere Vorgehen steht aber sym­p­to­ma­tisch für die gesamte Branche, warum sollten die einen Freifahrtschein bekommen?
Vainamoinen hat geschrieben:Das hat nichts mit den vorgebrachten Argumenten zu tun, nein.
Stimmt, ich hatte vergessen dass du der Experte in Sachen Gamergate bist Vainamoinen, natürlich zählen dann andere Argumente nicht, da hatte ich mich wohl vertan. Gut, dass du mir das erklärt hast, ich bin manchmal wirklich ein Dummchen. :D
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Vainamoinen »

Shard of Truth hat geschrieben:alles hat seine Daseinsberechtigung und alles irgendwie seine Schokoladenseite. Vielleicht empfinde ich persönlich aber auch nur so, dass kann schon sein.
Doch, das ist so; du musst nur aufhören, die Kritik als Absprechen einer "Daseinsberechtigung" zu sehen. Letztlich spielen und lieben wir alle mehr oder minder die gleichen Spiele, und die feministische Kritik tut auch nichts anderes als jede andere sinnvolle Kritik auch: Sie hätte im gleichen Spiel gerne etwas weniger von diesem und etwas mehr von jenem.

http://www.avclub.com/article/if-you-re ... min-224765

Dabei musst du ganz klar sehen, dass hier enthusiastische Spielerinnen und Spieler Details insbesondere an jenen Spielen kritisieren, die sie am meisten lieben.

Es macht keinen Sinn, einem Spiel, das man selbst bis zum Umfallen gezockt hat, vorzuwerfen, es würde fallera und falleri Männer zu Sexisten machen und Frauen in die Depression betreffs ihrer Körperformen treiben (die Kritik ist hier ganz einfach erheblich differenzierter), besäße keinerlei künstlerischen Wert und würde überhaupt nur von schlechten Menschen gespielt... und konzipiert: Sarkeesian etwa vermeidet die Nennung individueller Designer vollkommen, und Jim Sterling, der an persönlichen Angriffen selten spart, kritisiert etwa Metal Gear Solid V für die Darstellung von Quiet schärfstens – mit einer rituellen Verbeugung vor Kojima.

Shard of Truth hat geschrieben:Das stimmt einfach nicht, selbst die Ben Tester (Soul Axiom)-Geschichte, bei der er über 10.000 Dollar und mehr für positive Youtube-Berichterstattung zahlen sollte, war ein Thema (wie auch in der letzten Adventure-Treff-Show). Anscheinend lesen wir auf unterschiedlichen Seiten.
Ich bekomme vom anhaltenden Aktivismus mehr mit als von KiA-Threads mit 45 Antworten, die innerhalb eines Tages unter jegliche Wahrnehmungsschwelle fallen, das ist sicher richtig.

Die Problematik ist aber nun mal zweifelsohne, dass sich Gamergate bei der "Recherche" auf jene Leute konzentriert, die es wagen, sich gegen Gamergate auszusprechen. Youtuber sind da eher uninteressant, und was die Star-Citizen-Geschichte des Escapist angeht, dürfte es eine nicht zu kleine Rolle gespielt haben, dass die Autorin der ethischen Katastrophe von Bild-Zeitungs-Artikel als Schoßhündchen von Gamergate gilt.

Ich nehme das gerne in Teilen zurück, sobald deepfreeze.it endlich z.B. Lizzy Finnegan/Fogarty wie auch Milo Yiannopoulos in ihrer Hitliste der korruptesten Journalisten (und Nicht-Journalisten) aufnimmt!

Shard of Truth hat geschrieben:Teile der Indie-Szene nagen sicher am Hungertuch, das unlautere Vorgehen steht aber sym­p­to­ma­tisch für die gesamte Branche, warum sollten die einen Freifahrtschein bekommen?
Denselben Freifahrtschein mindestens, der offenbar für die AAA-Entwickler gilt. Die Konzentration auf Indies ist hier völlig offenkundig. Die Ermittlungsmethodik ist lächerlich und komplett absurde Verschwörungstheorien die absolute Norm. Insbesondere jedoch findest du Aufrufe zum organisierten Boykott, die ich grundsätzlich sehr distanziert sehe, eher auf Seiten der "der gemeine SJW tut dies und das und jenes"-Fraktion (Link bezieht sich nicht direkt auf gamergate, könnte jedoch zwischen dem Pegida-Gedanken und der gamergate-Argumentation für narrative Medien einen Zusammenhang herstellen).

Einige Zellen von Gamergate, das bitte ich zu bedenken, scheinen ausschließlich aus dieser Fraktion zu bestehen.
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Shard of Truth
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Shard of Truth »

Vainamoinen hat geschrieben: Doch, das ist so; du musst nur aufhören, die Kritik als Absprechen einer "Daseinsberechtigung" zu sehen. Letztlich spielen und lieben wir alle mehr oder minder die gleichen Spiele, und die feministische Kritik tut auch nichts anderes als jede andere sinnvolle Kritik auch: Sie hätte im gleichen Spiel gerne etwas weniger von diesem und etwas mehr von jenem.

http://www.avclub.com/article/if-you-re ... min-224765

Dabei musst du ganz klar sehen, dass hier enthusiastische Spielerinnen und Spieler Details insbesondere an jenen Spielen kritisieren, die sie am meisten lieben.

Es macht keinen Sinn, einem Spiel, das man selbst bis zum Umfallen gezockt hat, vorzuwerfen, es würde fallera und falleri Männer zu Sexisten machen und Frauen in die Depression betreffs ihrer Körperformen treiben (die Kritik ist hier ganz einfach erheblich differenzierter), besäße keinerlei künstlerischen Wert und würde überhaupt nur von schlechten Menschen gespielt... und konzipiert: Sarkeesian etwa vermeidet die Nennung individueller Designer vollkommen, und Jim Sterling, der an persönlichen Angriffen selten spart, kritisiert etwa Metal Gear Solid V für die Darstellung von Quiet schärfstens – mit einer rituellen Verbeugung vor Kojima.
Gegen Kritik an sich habe ich ja auch nichts, das habe ich glaube ich schon mehrmals erwähnt, auch glaube ich nicht, dass Verbotsforderungen auf dieser Grundlage wirklich (langfristig) umgesetzt werden könnten, auch wenn es sich einige Extremisten sicher im rosaroten Boudoir ihres Herzens wünschen. Deswegen gehe ich mit deinem verlinktem Beispiel 100% mit.
Die Kritik wird, gerade im Spielebereich (weil rein virtuell), einfach unerträglich wenn sie ans Absurde grenzt und ein ganzer Artikel/Test darauf aufgebaut ist und anschließend (und das ist das eigentlich Entscheidende) keine Diskussion möglich ist, aus welchen fadenscheinigen Gründen auch immer.
So geschehen bei The Witcher 3, so geschehen bei Bayonetta 1 & 2, Assassin's Creed: Unity und dem natürlich von dir genannten Metal Gear 5 und dann hat man auf der anderen Seite Spiele, die von eben den gleichen Leuten über den grünen Klee gelobt werden, so wie Sunset oder Gone Home, nur weil sie angeblich eine bessere Message transportieren.
Anita Sarkeesian selbst ist wohl die schlimmste Vertreterin dieser Form der Kritik, denn seit ihrem Bayonetta Video, bei der sie wirklich gar nichts verstanden hat (oder wollte), arbeitet sie nach der gleichen Methode.
Das ist vollkommen okay, nur wird es mir etwas mulmig, wenn sie verkündet, dass ihr Material ja auch zur Bildungszwecken dienen soll und sie partout keine ernsthafte Diskussion zulassen will, sondern lieber von der Kanzel "Fakten" predigt.
Und wenn große Teile der Spielepresse sich ihr dann vor die Füße wirft, kommt dann letztendlich sowas wie Dragon Age: Inquisition, bei der Bioware sogar Teile seiner etablierten Hintergrundgeschichte verändert, nur um es solchen Leuten recht zu machen, das aber natürlich trotzdem nicht ausreicht, weil es ihn ihrer Gedankenwelt nicht um "bessere Darstellung" (ein Diskussionspunkt, über den es sehr viel mehr zu sagen gibt), sondern um die Befriedigung eines Gerechtigkeitssinns geht.

Ich will auch nochmal betonen, dass ich nicht glaube, dass Dragon Age Inquisition ein besseres Spiel ohne diese Einflüsse geworden ware, geschweige denn, das es jetzt völlig ruiniert ist. Ich wollte es bloß als ein Beispiel heranziehen, wie verzerrt solche Kritiker ein Spiel überhaupt wahrnehmen. (Vielleicht) Ironischerweise behandelt Dragon Age 2 genau so ein Thema.

Jim Sterling kann ich mir nicht angucken, der Kerl geht irgendwie gar nicht (rituelle Verbeugung, ernsthaft?), tut mir leid, da bleib ich lieber bei Yahtzee.

Je mehr ich hier schreibe, desto mehr wird mir eigentlich klar, dass wir diese ganze Bewegung haben, weil eine ehrliche Diskussion nicht gewünscht war oder ist.
Vainamoinen hat geschrieben: Die Problematik ist aber nun mal zweifelsohne, dass sich Gamergate bei der "Recherche" auf jene Leute konzentriert, die es wagen, sich gegen Gamergate auszusprechen. Youtuber sind da eher uninteressant, und was die Star-Citizen-Geschichte des Escapist angeht, dürfte es eine nicht zu kleine Rolle gespielt haben, dass die Autorin der ethischen Katastrophe von Bild-Zeitungs-Artikel als Schoßhündchen von Gamergate gilt.

Ich nehme das gerne in Teilen zurück, sobald deepfreeze.it endlich z.B. Lizzy Finnegan/Fogarty wie auch Milo Yiannopoulos in ihrer Hitliste der korruptesten Journalisten (und Nicht-Journalisten) aufnimmt!
Da gehe ich zum Teil mit, über die Star-Citizen-Geschichte habe ich trotzdem nur Negatives gelesen, niemand hat die Autorin in Schutz genommen. Vielleicht ist das aber an mir auch vorbeigegangen.
Vainamoinen hat geschrieben:Denselben Freifahrtschein mindestens, der offenbar für die AAA-Entwickler gilt. Die Konzentration auf Indies ist hier völlig offenkundig. Die Ermittlungsmethodik ist lächerlich und komplett absurde Verschwörungstheorien die absolute Norm. Insbesondere jedoch findest du Aufrufe zum organisierten Boykott, die ich grundsätzlich sehr distanziert sehe, eher auf Seiten der "der gemeine SJW tut dies und das und jenes"-Fraktion (Link bezieht sich nicht direkt auf gamergate, könnte jedoch zwischen dem Pegida-Gedanken und der gamergate-Argumentation für narrative Medien einen Zusammenhang herstellen).

Einige Zellen von Gamergate, das bitte ich zu bedenken, scheinen ausschließlich aus dieser Fraktion zu bestehen.
Ich gehe auch hier mit, anderseits arbeiten AAA-Entwickler und vor allem deren Publisher einfach anders, da kommt sowas meistens erst später heraus. Ich weiß auch nicht, wie man denen besser auf die Finger schauen soll. Indie-Entwickler haben oft eine viel schlechtere Öffentlichkeitsarbeit und weniger PR-Erfahrung.

Gamergate scheint in großen Teilen nur noch aus einer Trotzreaktion zu bestehen, die nicht wirklich versucht, irgendwelche Probleme zu lösen oder Differenzen beizulegen, andererseits wird es ja von der "Gegenseite" genauso gehandhabt. Es ist zumindest meiner Meinung aber wichtig, dass beide Seiten eine (vernünftige) Stimme haben, deswegen bin ich zu einer Generalverurteilung nicht bereit, auch wenn es wie überall Parolenschreier gibt.

Alles muss Kritik ertragen können, alles muss kritisierbar bleiben, das ist zumindest mein Standpunkt. Letztendlich läuft ein Großteil dieser Diskussion auf Verantwortung, der Eigenverantwortung und das (oftmals viel zu schnelle freiwillige) Abgeben dieser Verantwortung heraus.
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Vainamoinen »

Shard of Truth hat geschrieben:auch glaube ich nicht, dass Verbotsforderungen auf dieser Grundlage wirklich (langfristig) umgesetzt werden könnten
Wer spricht denn von Verbotsforderungen. Wo fordert denn feministische Kritik das Verbot von, sagen wir mal als Beispiel, Hemingways Büchern. Das ist einfach nicht das Ziel fundierter Medienkritik. Dieses Schreckgespenst bringen ganz andere Leute aufs Tableau. Kritik von innen, und das ist die gegenwärtige feministische Kritik nun mal, ist kein Ruf nach Zensur.

Shard of Truth hat geschrieben:Die Kritik wird, gerade im Spielebereich (weil rein virtuell), einfach unerträglich wenn sie ans Absurde grenzt und ein ganzer Artikel/Test darauf aufgebaut ist [...]
So geschehen bei The Witcher 3,
Das Beispiel nehme ich gerne an. Denn die wenigen tatsächlichen REZENSIONEN, die eine problematische Geschlechterrepräsentation als Thema aufgreifen – womit die Autoren zum Ziel von Gamergate werden und sich ad hoc ein "sensationalism"-Achievement auf deepfreeze einhandeln – geben gleichzeitig Höchstnoten (8.0 bei Polygon wie auch Destructoid).

Wie ich die Situation deute, ist auf Seite 2 dieses WoP-Threads im Detail nachzulesen:
http://forum.worldofplayers.de/forum/th ... ken-zu-TW3

Der letzte Teil dieser Diskussion wurde von Moderatoren gelöscht, da die Thematik dann auf... es tut mir sehr leid, Pegida-Themen entglitten ist, und zwar durchaus auf diesem Niveau. Kulturelle Überfremdung, bla... die Anfänge kannst du dort noch erkennen. Und eben das ist dann in der Tat der Moment, in dem eine Diskussion unmöglich wird. :|

Wenn du sagst: Alles muss kritisierbar bleiben, selbstverständlich stimme ich da zu.

Vorzeige-Spiele-Feministen wie Katherine Cross und Dina Abou Karam stehen total auf Bayonetta; und Assassin's Creed (Syndicate) hat von Anita Sarkeesian ihr erstes echtes "Review" bekommen: eine erstaunlich ausgewogene Meinung zu repräsentativen Aspekten, die generell als Daumen hoch zu deuten ist.

https://www.youtube.com/watch?v=3OzKTAYkyTE

Shard of Truth hat geschrieben:Anita Sarkeesian selbst ist wohl die schlimmste Vertreterin dieser Form der Kritik
Sarkeesian kritisiert in ihrer 'Hauptserie' negative weibliche Sterotypen, womit ein Fokus verbunden ist. Andere Foki gibt es natürlich in anderen ihrer Serien: Offenbar gibt es neben einer Serie zu positiven weiblichen Figuren nun auch eine Reihe mit echten "Rezensionen". Empfohlen seien hier dringend die Videos zu Beyond Good & Evil, Sword & Sworcery und Assassin's Creed Syndicate.

Sarkeesian möchte (vermutlich 2016) zudem eine weitere neue Reihe mit männlichen Stereotypen machen. Da freue ich mich schon auf den Kommentarbereich bei GameStar, in dem die Leute vom heutigen "wir Männer werden aber doch bitte auch durch Stereotypen diskriminiert, warum spricht sie darüber nie?!" nahtlos umschwenken dürften auf "Wie bitte, sind ihr jetzt sogar alle Männer verkehrt oder was?!". :mellow:

Zudem müssen wir uns klar werden, welche Formen der Kritik wir als problematisch erachten. Sarkeesian stellt Thesen in den Raum, die definitiv als Diskussionsmaterial zu erachten sind. Sie klagt niemanden direkt an, lässt Namen von Designern außen vor. Wir sehen niemals einen Aufruf zum Boykott oder etwas ähnlich aktionistisches. Wir hören am Anfang jedes neuen Themas, dass uns Details niemals den Spielspaß an einem Gesamtkunstwerk verderben sollten.

Das ist das Gegenteil des omnipräsenten Problems der Geek-Kultur, denke ich persönlich.


Shard of Truth hat geschrieben:Das ist vollkommen okay, nur wird es mir etwas mulmig, wenn sie verkündet, dass ihr Material ja auch zur Bildungszwecken dienen soll und sie partout keine ernsthafte Diskussion zulassen will, sondern lieber von der Kanzel "Fakten" predigt.
Ich hatte das Thema nicht weiter verfolgt, nachdem realchris nicht wirklich ein Interesse daran gezeigt hat, aber dass hier "Fakten" präsentiert würden, ist schlicht ein Irrtum.

Die Existenz von Stereotypen ist nicht 'beweisbar'. Da zählt ja nicht die Anzahl der prototypischen Beispiele in Relation zum industriellen Gesamtoutput, in keinem Erzählmedium.

Die Stärke der Argumentation hängt im Wesentlichen von dem Wiedererkennungswert unter dem Publikum ab. Es geht nicht viel subjektiver. Da gibt es natürlich einige, bei denen ich sage, voll ins Schwarze, bitte weniger davon, liebe Industrie; dann gibt es einige, wo ich sage: Ja, vielleicht, aber ewig viele Beispiele fallen mir da nicht ein; und dann gibt es einige, wo ich sage, ist mir in dieser Form noch nicht untergekommen, überschneidet sich mit anderen festgelegten Stereotypen oder darf als vernachlässigbarer Randbereich gelten.

Dieses einerseits-andererseits, das ich etwa im idle-thumbs-Forum oder bei RTG habe, sehe ich bei unseren "Die Feministen/SJW machen alles kaputt"-Freunden nicht.

Shard of Truth hat geschrieben:Bioware
Möchte ich bitte ganz ausklammern. EA/Bioware tut sehr viele leidlich gute Dinge aus vollkommen falschen, im Wesentlichen PR-Motiven. Siehe ihre pompösen Pressemeldungen zur Gleichberechtigung im Unternehmen, Geschwindigkeit der Freigabe weiblicher Charaktere durch die Chefetage, erster echt schwuler Charakter, erster nicht so echt schwuler Charakter, lalala. Ich nehme Bioware in dieser Diskussion schlicht nicht ernst. Bioware stolpert und torkelt durch dieses Themenfeld wie ein Kleinkind auf Wodka. Ich kenne Sarkeesians (?) Kritik nicht, hätte aber etwa an Mass Effect selbst noch einiges zu kritisieren gehabt.

Shard of Truth hat geschrieben:weil es ihn ihrer Gedankenwelt nicht um "bessere Darstellung" (ein Diskussionspunkt, über den es sehr viel mehr zu sagen gibt), sondern um die Befriedigung eines Gerechtigkeitssinns geht.
Jein. Es geht um eine Balance, einen Ausgleich, siehe letzte Seite. Das mag ja durchaus als eine Art von 'Gerechtigkeit' gelten.

Shard of Truth hat geschrieben:Je mehr ich hier schreibe, desto mehr wird mir eigentlich klar, dass wir diese ganze Bewegung haben, weil eine ehrliche Diskussion nicht gewünscht war oder ist.
Wir haben die Gamergate-Bewegung, weil eine ehrliche und vor allem fundiert-informierte Diskussion von einem Haufen von Spielern offenbar als tödliche persönliche Beleidigung interpretiert wird. Hierzu empfehle ich nochmals die "Why are you so angry"-Videos, insbesondere den hier verlinkten zweiten Teil. Ich denke, er erklärt dieses Empfinden recht gut.

https://www.youtube.com/watch?v=ExEHuNr ... PpvQlR4CjF

Shard of Truth hat geschrieben:Indie-Entwickler haben oft eine viel schlechtere Öffentlichkeitsarbeit und weniger PR-Erfahrung.
Oder gar keine. Gar_keine. Red Thread Games etwa operiert ohne PR, und die haben das Studio mit 1,5 Millionen Kickstarterkapital plus Staatszuschüssen aus dem Boden gestampft. Die Attraktivität loser Journalistenbekanntschaften überrascht mich da nicht (was in der Indie-Filmszene allerdings auch nicht anders sein dürfte). Ich sehe die heutige Game-Journalisten-Landschaft noch als Resultat der Anfänge in den 80ern, in denen diese Dinger reine Fanzines waren. Wenn diese Journalisten allerdings mit dem Medium erwachsen werden wollen, müssen sie mehr Distanz wahren.

Der schönste Einbezug der Geschlechterthematik in eine Rezension nützt mir nichts, wenn die Subjektivität des Journalisten durch persönliche Beziehungen beeinflusst wurde.
Nur nutzt mir auch eine ellenlange Auflistung möglicherweise korrupter Journalisten und deren größtenteils zusammenfantasierter Vergehen nichts, wenn diese ideologisch schlimmer gefärbt wurde, als es je eine Rezension eines Spielejournalisten sein könnte.

Shard of Truth hat geschrieben:Gamergate scheint in großen Teilen nur noch aus einer Trotzreaktion zu bestehen, die nicht wirklich versucht, irgendwelche Probleme zu lösen oder Differenzen beizulegen
Ach, Mann, sieh's doch mal von den Anfängen her: Wieso "nur noch"?

Die Quinnspiracy war doch wirklich kein sinnvoller Grund für diesen Amoklauf. Eine Reihe von ehrenrührigen Behauptungen eines Ex-Freundes, die nie auf ihren Wahrheitsgehalt überprüft wurden, eine Reihe von Übertreibungen selbst dieser Aussagen (in Kommentaren zum geplanten Buch/Film lese ich dieser Tage häufig den Plural "Reviewer"/"Journalisten"; Quinn hätte ihren Freund "betrogen", und natürlich wird der Zusammenhang "hat mit [...] geschlafen, WEIL sie positive Berichterstattung [zu ihrem damals 15 Monate alten Spiel] wollte". Diese Dinge sind von Eron Gjoni nie behauptet worden). Und selbst wenn an all dem Scheiß was dran wäre, wäre es doch als Beispiel für systemische Korruption entsetzlich schlecht, weil die Behauptung ja nun nicht sein kann, dass Game-Designer-Frauen sich grundsätzlich an Spielejournalisten hochschlafen... oder?

Die Wurzel Gamergates war bereits wertlos. Nicht nur das, was daraus gewachsen ist.
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Shard of Truth »

Vainamoinen hat geschrieben:Wer spricht denn von Verbotsforderungen. Wo fordert denn feministische Kritik das Verbot von, sagen wir mal als Beispiel, Hemingways Büchern. Das ist einfach nicht das Ziel fundierter Medienkritik. Dieses Schreckgespenst bringen ganz andere Leute aufs Tableau. Kritik von innen, und das ist die gegenwärtige feministische Kritik nun mal, ist kein Ruf nach Zensur.
Das kommt wieder ganz auf deinen Standpunkt an, auch GTA V wurde mit feministischer Kritik überzogen und letztendlich sogar von zwei großen australischen Supermarktketten aus den Programm genommen, nachdem es Beschwerden mit genau dieser Kritik gab. Ich weiß, dass das als Einzelfall zu betrachten ist, aber ein kleiner Teil dieser Bewegung zielt eben genau in diese Richtung.
Vainamoinen hat geschrieben:Das Beispiel nehme ich gerne an. Denn die wenigen tatsächlichen REZENSIONEN, die eine problematische Geschlechterrepräsentation als Thema aufgreifen – womit die Autoren zum Ziel von Gamergate werden und sich ad hoc ein "sensationalism"-Achievement auf deepfreeze einhandeln – geben gleichzeitig Höchstnoten (8.0 bei Polygon wie auch Destructoid).

Wie ich die Situation deute, ist auf Seite 2 dieses WoP-Threads im Detail nachzulesen:
http://forum.worldofplayers.de/forum/th ... ken-zu-TW3
Ich habe die Antwort zu diesem Teil jetzt mindestens dreimal überarbeitet, aber es bleibt trotzdem schwierig. Erst einmal will ich hier keine Wertungsdiskussion aufmachen, die hilft ja niemals Jemandem weiter und komme gleich zum Kern der Sache: Kritik ist immer subjektiv aber sollte zumindest nachvollziehbar sein.
Warum Polygon Gone Home eine Topwertung gab und praktisch nichts auszusetzen hatte, während sich der Hauptkritikpunkt am Witcher-3-Test, nämlich die Behandlung und Darstellung von Frauen, bis ins Fazit zieht, ist einfach schwer nachzuvollziehen.

Bis heute hat mir niemand erklären können, warum explizite Gewalt gegen Frauen in einem fiktiven Fantasy-Setting schlimmer sein soll als die ausufernde Gewalt im restlichen Spiel gegen Männer oder Fantasywesen.
Du kannst Gewalt und negative Darstellung von Frauen gerne kritisieren, wenn du das aber aus dem Kontext des Spiels herausreißt, in welchem Gewalt und negative Darstellung alle Spezies und Rassen treffen, dann machst du dich einfach zum Affen, so wie Anita in ihrer Tropus-Reihe regelmäßig.
Das ist der überhaupt das große Problem, du kannst ja den feministischen Gehalt eines Spiels nicht testen wie die anderen Aspekte, die man durch ihre Spielmechaniken und audio-visuelle Darstellung abgrenzen kann. Du musst es dann als Ganzes nehmen, wie ein Buch oder einen Film, und wird es dann nicht eher zu einer moralischen Frage?

Das führt jetzt vielleicht zu weit vom Thema weg, aber man kann nicht gleichzeitig die Darstellung von Minderheiten und Frauen kritisieren und sich dann aber die schiere Anzahl an weißen Männern in Videospielen beschweren, wenn nur diesen Typen alle Rollen auf den Leib geschneidert werden können, ohne dass sich jemand beschwert.
Natürlich haben wir gerade bei der sexuellen Darstellung eine große Diskrepanz, meiner Meinung nach sollte man hier Männer nicht anders als Frauen behandeln und fertig ist die Laube.

Warum das einen "sensationalism"-Achievement auf deepfreeze gegeben hat, weiß ich auch nicht, aber die Kritik an der Kritik gibt es ja nun nicht erst seit gestern. Jörg Luibl von 4players darf sich bis heute die Frage anhören, ob denn das Feuer im gerade getesten Spiel auf Holz brennt.
Vainamoinen hat geschrieben:Sarkeesian kritisiert in ihrer 'Hauptserie' negative weibliche Sterotypen, womit ein Fokus verbunden ist.
Ich weiß, dass du schon oft betont hast, aber was genau soll denn die handwarme Message dieser Reihe sein? Was soll man mitnehmen? Das wir weniger Stereotypen und auch Archetypen für/von Frauen verwenden, am besten nur positive? Dass die meisten Geschichtenschreiber faul sind? Dass wirklich außergewöhnliche Spiele rar sind?

Ich finde die Idee ja grundsätzlich nicht schlecht und war am Anfang ja auch positiv gestimmt, die daraus gefolgerten Schlussfolgerungen finde ich nur abstrus. Meiner Meinung nach bräuchten wir mehr von allem und nicht weniger.
Vainamoinen hat geschrieben: Sarkeesian möchte (vermutlich 2016) zudem eine weitere neue Reihe mit männlichen Stereotypen machen. Da freue ich mich schon auf den Kommentarbereich bei GameStar, in dem die Leute vom heutigen "wir Männer werden aber doch bitte auch durch Stereotypen diskriminiert, warum spricht sie darüber nie?!" nahtlos umschwenken dürften auf "Wie bitte, sind ihr jetzt sogar alle Männer verkehrt oder was?!". :mellow:
Wenn sie die Reihe wirklich ganz genauso aufzieht, wie die der Frauen (also auch mit Subjekt-Objekt-Dichotomie usw.) wäre das nicht schlecht, denn natürlich werden Rollenmodelle an beiden Geschlechtern festgemacht.
Ich wäre aber vielmehr für eine gemeinsame Reihe, in der sie alle Tropen im Zusammenspiel zeigt, denn nur so funktionieren sie ja letztendlich in der Geschichte auch, wenn man mal von den Urgesteinen aus dem Paläozoikum der Videospielgeschichte absieht.
Vainamoinen hat geschrieben: Zudem müssen wir uns klar werden, welche Formen der Kritik wir als problematisch erachten. Sarkeesian stellt Thesen in den Raum, die definitiv als Diskussionsmaterial zu erachten sind. Sie klagt niemanden direkt an, lässt Namen von Designern außen vor. Wir sehen niemals einen Aufruf zum Boykott oder etwas ähnlich aktionistisches. Wir hören am Anfang jedes neuen Themas, dass uns Details niemals den Spielspaß an einem Gesamtkunstwerk verderben sollten.

Das ist das Gegenteil des omnipräsenten Problems der Geek-Kultur, denke ich persönlich.
Natürlich hast du Recht, dass immer eine Form gewahrt werden muss und das tut Anita anstandslos. Der Aktionismus entsteht in großen Teilen ja immer erst im Publikum, das sich falsch verstanden oder in einer Ansicht bestärkt fühlt und dann auf die Kacke haut. Ob das jetzt ein Teil der Geek-Kultur, der Internet-Kultur oder der Kultur-Kultur ist, kann ich nicht beurteilen. Es scheint normal zu sein, obwohl es sicher nicht normal ist.
Fakt ist, dass wenn ich das Sendebedürfnis für eine bestimmte Nachricht habe, sie auch falsch verstanden wird (mitunter mit Absicht), dass liegt einfach in der Natur unserer Kommunikation. Und je größer die Plattform ist, die ich für mich beanspruche und je größer das Publikum ist, umso extremer werden einzelne Aktionen ablaufen. Sowas sollte ich alles vorher verinnerlichen, bevor ich auf die Bühne gehe und dann auch Verantwortung zu übernehmen, für das, was ich sage. Das soll jetzt um Himmels willen nicht als Beschuldigung des Opfers verstanden werden, aber sich völlig aus der Gleichung herauszunehmen, funktioniert einfach nicht.
Vainamoinen hat geschrieben:Ich hatte das Thema nicht weiter verfolgt, nachdem realchris nicht wirklich ein Interesse daran gezeigt hat, aber dass hier "Fakten" präsentiert würden, ist schlicht ein Irrtum.

Die Existenz von Stereotypen ist nicht 'beweisbar'. Da zählt ja nicht die Anzahl der prototypischen Beispiele in Relation zum industriellen Gesamtoutput, in keinem Erzählmedium.

Die Stärke der Argumentation hängt im Wesentlichen von dem Wiedererkennungswert unter dem Publikum ab. Es geht nicht viel subjektiver. Da gibt es natürlich einige, bei denen ich sage, voll ins Schwarze, bitte weniger davon, liebe Industrie; dann gibt es einige, wo ich sage: Ja, vielleicht, aber ewig viele Beispiele fallen mir da nicht ein; und dann gibt es einige, wo ich sage, ist mir in dieser Form noch nicht untergekommen, überschneidet sich mit anderen festgelegten Stereotypen oder darf als vernachlässigbarer Randbereich gelten.

Dieses einerseits-andererseits, das ich etwa im idle-thumbs-Forum oder bei RTG habe, sehe ich bei unseren "Die Feministen/SJW machen alles kaputt"-Freunden nicht.
Du und auch ich sehen das so, meiner Meinung nach sieht Anita das aber anders, dass machen ihre Präsentationen und ihr Auftreten ziemlich deutlich. Sie sieht sich als eine Verkünderin der Wahrheit und tappt dabei oft im Dunklen. Wie gesagt, das ist mein Eindruck, ansonsten gehe ich hier voll mit dir mit.
Vainamoinen hat geschrieben:
Shard of Truth hat geschrieben:Bioware
Möchte ich bitte ganz ausklammern. EA/Bioware tut sehr viele leidlich gute Dinge aus vollkommen falschen, im Wesentlichen PR-Motiven. Siehe ihre pompösen Pressemeldungen zur Gleichberechtigung im Unternehmen, Geschwindigkeit der Freigabe weiblicher Charaktere durch die Chefetage, erster echt schwuler Charakter, erster nicht so echt schwuler Charakter, lalala. Ich nehme Bioware in dieser Diskussion schlicht nicht ernst. Bioware stolpert und torkelt durch dieses Themenfeld wie ein Kleinkind auf Wodka. Ich kenne Sarkeesians (?) Kritik nicht, hätte aber etwa an Mass Effect selbst noch einiges zu kritisieren gehabt.
Ich glaube, hier bist du etwas zu negativ eingestellt. Bioware sieht sich als eine Art Vorreiter, dass sie dann in alle möglichen und unmöglichen Richtungen preschen liegt in der Natur der Sache. Dass sich die PR-Abteilung dann natürlich darauf festbeißt, vor allem mit einem Publisher wie EA im Hintergrund, ist bei den Entwicklungskosten überhaupt nicht verwunderlich, mehr Feingefühl oder mehr "das ist doch völlig normal" wäre sicher angebracht.
Jetzt verteidige ich natürlich ein Stück weit die Methodik, die ich vorher selbst kritisiert habe, aber wie ich ebenfalls vorher geschrieben habe, brauchen wir mehr von allem und Bioware sorgt auf jeden Fall dafür, selbst wenn das Ergebnis mittlerweile leider etwas zu wünschen übrig lässt. Ich hoffe ernsthaft, dass sie irgendwann einen praktikablen Mittelweg finden, der auf den Holzhammer verzichtet.
Vainamoinen hat geschrieben:Jein. Es geht um eine Balance, einen Ausgleich, siehe letzte Seite. Das mag ja durchaus als eine Art von 'Gerechtigkeit' gelten.
Woran würdest du einen Ausgleich festmachen? Findet er nicht sogar ständig statt? Wie treibt ihn Anita deiner Meinung nach voran, denn ich seh's einfach nicht.
Vainamoinen hat geschrieben:Wir haben die Gamergate-Bewegung, weil eine ehrliche und vor allem fundiert-informierte Diskussion von einem Haufen von Spielern offenbar als tätliche persönliche Beleidigung interpretiert wird. Hierzu empfehle ich nochmals die "Why are you so angry"-Videos, insbesondere den hier verlinkten zweiten Teil. Ich denke, er erklärt dieses Empfinden recht gut.

https://www.youtube.com/watch?v=ExEHuNr ... PpvQlR4CjF
Es hat aber nicht mit einer fundiert-informierten Diskussion begonnen, sondern mit "erleuchteten" Journalisten und den "auf Anspruch pochenden" Gamern, diese ganze Sache war als Shitstorm geplant und umgesetzt, wenn man sein Publikum so runtermacht, kommt eben sowas dabei heraus. Sind deshalb die extremen Ausbrüche gerechtfertigt gewesen? Ganz sicher nicht. Dein verlinktes Video zeigt ja ziemlich deutlich auf, wie solche Gedanken im Kopf entstehen können, aber auch hier wird wieder mal gesagt, dass ja auch Anita nichts dergleichen behauptet und man selbst für diesen logischen Kurzschluss aufgrund vermeintlicher Verurteilung des eigenen Lebensstils verantwortlich ist.
Deshalb nochmal das Zitat vom Anfang dieses Threads:
https://www.youtube.com/watch?v=4ZPSrwedvsg#t=30m05s hat geschrieben:In other words, viewing media that frames women as objects or sexual playthings, profoundly impacts how real life women are perceived and treated in the world around us. And that is all without even taking into account how video games allow for the more participatory form of objectification that we've been discussing in this episode. Compounding the problem is the widespread belief that, despite all the evidence, exposure to media has no real world impact. While it may be comforting to think we all have a personal force field protecting us from outside influences, this is simply not the case.
Scholars sometimes refer to this type of denial as the "third person effect", which is the tendency for people to believe that they are personally immune to media's effects even if others may be influenced or manipulated.
Paradoxically or somewhat ironically, those who most strongly believe that media is just harmless entertainment are also the ones most likely to uncritically internalize harmful media messages.
In short, the more you think you cannot be affected, the more likely you are to be affected.
Ja, sie sagt es wirklich und nun? Vernünftige Menschen haben sowieso den Grundsatz, dass man jeden so behandeln sollte, wie man selbst behandelt werden will, dann erledigen sich viele Probleme von ganz allein.

Abseits davon finden ernsthafte Diskussionen oder Bemühungen diese zu starten ja nicht mal zum jetzigen Zeitpunkt statt, wo immer noch nach Bombendrohungen irgendwelche Panels abgesagt werden müssen.
Natürlich sind vor allem die lautstarken Trittbrettfahrer daran interessiert, dass dieser Zustand anhält. Die meisten Journalisten sind mit der Sache, wie mit jeder anderen Neuigkeit, irgendwie durch oder fühlen sich immer noch absolut im Recht, auf der Gegenseite sieht es nicht anders aus. Eine langsame Annährung findet nicht statt oder wird unterminiert.
Vainamoinen hat geschrieben:Oder gar keine. Gar_keine. Red Thread Games etwa operiert ohne PR, und die haben das Studio mit 1,5 Millionen Kickstarterkapital plus Staatszuschüssen aus dem Boden gestampft. Die Attraktivität loser Journalistenbekanntschaften überrascht mich da nicht (was in der Indie-Filmszene allerdings auch nicht anders sein dürfte). Ich sehe die heutige Game-Journalisten-Landschaft noch als Resultat der Anfänge in den 80ern, in denen diese Dinger reine Fanzines waren. Wenn diese Journalisten allerdings mit dem Medium erwachsen werden wollen, müssen sie mehr Distanz wahren.

Der schönste Einbezug der Geschlechterthematik in eine Rezension nützt mir nichts, wenn die Subjektivität des Journalisten durch persönliche Beziehungen beeinflusst wurde.
Nur nutzt mir auch eine ellenlange Auflistung möglicherweise korrupter Journalisten und deren größtenteils zusammenfantasierter Vergehen nichts, wenn diese ideologisch schlimmer gefärbt wurde, als es je eine Rezension eines Spielejournalisten sein könnte.
Auch hier stimme ich dir vollkommen zu, aber das Thema der Journalistenethik ist ja sowieso immer wieder ein heißes Eisen. Klar braucht man befreundete Journalisten in der Indie-Szene, mit Kontakten kommt man überall schneller weiter, und wenn beide Seiten dazu stehen, finde ich das zumindest in der Berichterstattung vollkommen in Ordnung.
Ich denke aber, dass der Wille zum Erwachsenwerden bei vielen Journalisten der Grund ist, warum dieser tiefe Spalt enstanden ist. Man will seriöser sein, man will wichtige gesellschaftlich-politische Themen behandeln und man will vor allem ein Publikum, dass diese Anstrengung auch zu würdigen weiß. Dass sich dieses Ziel nicht wirklich mit dem überproportional vorhandenen Click-Bait-Artikeln und vielen der behandelten Spielen deckt, ist eigentlich nicht weiter verwunderlich.
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Vainamoinen »

Shard of Truth hat geschrieben:Das wir weniger Stereotypen und auch Archetypen für/von Frauen verwenden
Ja!
Shard of Truth hat geschrieben:, am besten nur positive?
NEIN!!

...okay, Langfassung. :wink:


Shard of Truth hat geschrieben:auch GTA V wurde mit feministischer Kritik überzogen und letztendlich sogar von zwei großen australischen Supermarktketten aus den Programm genommen
Die Konsolenversion wurde anderthalb Jahre nach Release von einer (zwei?) australischen Supermarktkette aus dem Programm genommen, nachdem Prostituierte eine Petition gestartet hatten. Als 'feministische Kritik' war das nicht ausgewiesen; aber du kannst dir 100% sicher sein, dass Target hier keine ideologische Entscheidung zu Ungunsten seines Umsatzes getroffen hat. Das war der Versuch, mit einer Scheinpolitik Punkte zu machen.

Eine "Zensur" fand nicht statt. Die Aussage ist natürlich so ein bisschen, ällerbätsch, es passt nicht in die Definition. Der Unterschied ist jedoch rein zahlenmäßig doch gewaltig. Die Petition, die ich gesehen habe, richtete sich ausschließlich gegen Target. In Deutschland darf GTA V, soweit ich weiß, gar nicht in Supermärkten verkauft werden. Kein Online-Verkaufsweg wurde beschnitten oder attackiert. Der australische Staat, der ja durchaus etwas zensurwütig ist, hatte an keiner Stelle die Hand im Spiel, auch wurde er nicht zur Zensur aufgerufen.

Wenn das nun der extreme "Einzelfall" sein soll, der die Sorgen in die Höhe treibt, bitte ich das Gesamtkonzept dieser Sorgen nochmal zu evaluieren. :|


Shard of Truth hat geschrieben:Warum Polygon Gone Home eine Topwertung gab und praktisch nichts auszusetzen hatte, während sich der Hauptkritikpunkt am Witcher-3-Test, nämlich die Behandlung und Darstellung von Frauen, bis ins Fazit zieht, ist einfach schwer nachzuvollziehen.
Bei Danielle Riendeau hat sich gamergate/deepfreeze aber nun recht übel blamiert (wie bei so ziemlich allen anderen beschmierten Journalisten auch), weil ihr einziger 'finaler Beweis' für den Klüngelzusammenhang Riendeaus Auftritt im Idle Thumbs-Podcast ist. Idle Thumbs? Wir erinnern uns: Jake Rodkin und Sean Vanaman, die Walking-Dead-Game-Erfinder, die Chris Remo aus Double Fine abgeworben haben, machen einen wöchentlichen Podcast (in dem z.B. auch Anita Sarkeesian einen sympathischen Eindruck hinterlassen hat). Sagt mir gamergate: Eine Höchstnote für Gone Home wurde nur aufgrund einer Freundschaft zum (externen) Komponisten Chris Remo vergeben. Sage ich: Wo ist da der Beweis für irgendetwas? Und hätte Remo nicht wenigstens dafür sorgen können, dass sie in ihrer Rezension seinen Soundtrack wenigstens erwähnt...??

Die sogenannten "Walking Simulators" sind – und das ist auch für mich sehr schwierig zu verdauen – unter den Kunstliebhabern der Rezensenten gerade sehr beliebt. Aber – noch schwieriger zu verdauen – das reflektiert auch das Interesse beim Publikum. Gone Home war nicht maßlos erfolgreich, weil es gute Kritiken bekam (so funktioniert das nicht). Gone Home ist einfach ein sehr beliebtes Spiel, weil es ist, was es ist.

Für Gamergate ist das höllisch schwer zu verstehen, weil objektive Kriterien an Kunst angelegt werden. 60fps gut – 30fps bitte boykottieren. Ich höre als Argument wieder und wieder: "Wie kann man Gone Home gut finden?". Und da hört's bei mir einfach auf.

Einen Zusammenhang mit dem Witcher-Test sehe ich dagegen nicht. Die Frauendarstellung hier ist systemisch und definitiv nicht unproblematisch. Selbstverständlich muss ein Rezensent darauf eingehen, wenn ihm die Thematik am Herzen liegt. Es wirft ja auch anderen Rezensenten keiner vor, wenn ihnen das Thema am Arsch vorbeigeht.

Shard of Truth hat geschrieben:Das führt jetzt vielleicht zu weit vom Thema weg, aber man kann nicht gleichzeitig die Darstellung von Minderheiten und Frauen kritisieren und sich dann aber die schiere Anzahl an weißen Männern in Videospielen beschweren, wenn nur diesen Typen alle Rollen auf den Leib geschneidert werden können, ohne dass sich jemand beschwert.
Ich habe hierzu keine völlig vorgefasste Meinung, weshalb ich hier nur einen sehr klaren Unterschied einführen möchte, der Sarkeesians (und meine) Affigkeit doch erheblich mildert. Nämlich den Unterschied zwischen einer Rezension und der Klassifikation möglicher Stereotypen. Und der Unterschied ist klar genug, die Rezension ist die Bewertung eines Spiels, während die Stereotypen erstmal nur gesammelt werden und für sich stehen, aber eben nicht als Aburteilung eines ganzen Spiels zu verstehen sind.

Wie oben bereits geschrieben: Selbstverständlich ist es lohnend, diese Stereotypen auch für männliche Charaktere zu beleuchten, und das möchte Sarkeesian ja nun auch tun (wie du eben auch kommentiert hattest).

Shard of Truth hat geschrieben:Der Aktionismus entsteht in großen Teilen ja immer erst im Publikum, das sich falsch verstanden oder in einer Ansicht bestärkt fühlt und dann auf die Kacke haut.
Entsteht im Publikum, ja; es gibt jedoch auch so etwas wie einen Katalysator, den man vielleicht auch als Faktor einrechnen sollte.
https://medium.com/@parkermolloy/5-thin ... 79125e1262

Shard of Truth hat geschrieben:Du und auch ich sehen das so, meiner Meinung nach sieht Anita das aber anders, dass machen ihre Präsentationen und ihr Auftreten ziemlich deutlich.
Ja, das sehe ich in der Tat anders. Wohlgemerkt: Das war ein Erkenntnisprozess. Beim ersten Video gab's bei mir noch eine heftige Abwehrreaktion. Siehe "Why are you so angry", immun war ich gegen den Impuls nicht.

Shard of Truth hat geschrieben:brauchen wir mehr von allem und Bioware sorgt auf jeden Fall dafür, selbst wenn das Ergebnis mittlerweile leider etwas zu wünschen übrig lässt. Ich hoffe ernsthaft, dass sie irgendwann einen praktikablen Mittelweg finden, der auf den Holzhammer verzichtet.
Es ist schwierig zu kritisieren, wo der Holzhammer wirklich beginnt. Aber, in der Tat, es muss natürlicher wirken. Es ist in unserer Welt nun mal einfach nicht so, dass dir beim Handschütteln jemand sofort seine sexuelle Orientierung und ein Angebot für Geschlechtsverkehr mitteilt. Und das ist Bioware life. :wink:

Shard of Truth hat geschrieben:Woran würdest du einen Ausgleich festmachen?
Eigentlich gar nicht, weil's vorne und hinten subjektiv ist. Wenn wir nach "Vielfalt" streben, gibt es nicht "eine" Perfektion. Das bedeutet, es gibt auch nicht die perfekte Balance negativer und positiver Frauendarstellung. Wie effektiv Sarkeesian mit ihrer Methodik ist, kann ich dir nun wirklich nicht sagen. Wohl jedoch, wie es funktionieren könnte. Nehmen wir an, wir erkennen die vorgebrachten Stereotypen in unseren Spielen wieder. Das ist ein Denkprozess, der angestoßen wird, da könnte mir als Game-Designer durchaus die Idee kommen: "Warte, das ist jetzt der dritte weibliche Charakter, der voll in dieses Jackett passt. Habe ich da nicht mehr drauf...?"

Das Wiedererkennen ist zudem Selbstzweck: Wenn ich Charaktere als Stereotypen erkenne, dürfte die Chance, dass ich meine Einschätzung der realen Welt darauf gründe, sinken.

Shard of Truth hat geschrieben:Es hat aber nicht mit einer fundiert-informierten Diskussion begonnen, sondern mit "erleuchteten" Journalisten und den "auf Anspruch pochenden" Gamern, diese ganze Sache war als Shitstorm geplant und umgesetzt, wenn man sein Publikum so runtermacht, kommt eben sowas dabei heraus.
Die Anzahl der Journalisten, die gesellschaftliche Aspekte in ihre Rezensionen einfließen lassen, kannst du noch heute an einer Hand abzählen. Diese seltsamen Gamer, die auf Anspruch in Missachtung jeglicher Markttrends pochen, findest du z.B. verstärkt in Adventure-Foren (Woran das wohl liegt? :) ), da reihe ich mich gerne ein! Und mit den "Gamers are dead"-Artikeln brauchst du mir jetzt gar nicht kommen.

In den meisten dieser Artikel geht es um etwas völlig anderes, insbesondere im für gamergate prototypischen, der noch nicht mal an das "Publikum" Gamer gerichtet war...

Shard of Truth hat geschrieben:Deshalb nochmal das Zitat vom Anfang dieses Threads:
Je öfter ich persönlich das Zitat lese, desto klarer wird der Hintergrund. Ich verlinke hierzu nochmals auf ein Video, das etwas Kontext vermittelt.

https://www.youtube.com/watch?v=AqxEFNFOVTw

TL;DW: Medien haben Einfluss auf uns, das ist Fakt. Das ist ein reichlich diffuser Einfluss, der bei einem so, bei anderen so und bei dritten gar nicht ausfällt. Mir passt die instinktive Abwehrreaktion dieser jahrzehntealten Theorie einfach nicht. Wir kloppen uns 150 Stunden durch ein Rollenspiel, aber werden dadurch sicher in keiner Weise beeinflusst? Und hier geht es ja nicht um einen Verlust des Realitätssinns. Die Fähigkeit, zwischen Spiel und Realität zu unterscheiden, bleibt ja selbst beim Cosplay-Amokläufer noch erhalten. :(

Shard of Truth hat geschrieben:Ich denke aber, dass der Wille zum Erwachsenwerden bei vielen Journalisten der Grund ist, warum dieser tiefe Spalt enstanden ist. Man will seriöser sein, man will wichtige gesellschaftlich-politische Themen behandeln und man will vor allem ein Publikum, dass diese Anstrengung auch zu würdigen weiß. Dass sich dieses Ziel nicht wirklich mit dem überproportional vorhandenen Click-Bait-Artikeln und vielen der behandelten Spielen deckt, ist eigentlich nicht weiter verwunderlich.
Das denke ich auch. Plötzlich legen Journalisten völlig neue Maßstäbe an das Medium an. Ansprüche, die seit Jahrzehnten an Film und seit einem Jahrhundert an Bücher gelten, sind im Medium Spiel nicht angekommen. Das irritiert Spieler und Designer. Es ist, als hätten sich absolute Wertungskriterien geändert. Diese Kriterien waren jedoch niemals absolut... :|

Shard of Truth hat geschrieben:Ich habe die Antwort zu diesem Teil jetzt mindestens dreimal überarbeitet
Ein guter Post braucht zwei Stunden und 10 Überarbeitungen. Und jetzt gehe ich laufen. Guten Morgen allerseits! :mrgreen:
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Ninas Ex »

Anita Sarkeesian hat gemeinsam mit anderen Betroffenen von Online-Belästigungen ein Handbuch geschrieben, wie sich die Opfer vor Online-Terror und digitaler Gewalt schützen können. Traurig, dass es überhaupt notwendig ist, aber so ein Handbuch war wohl längst überfällig.

https://onlinesafety.feministfrequency.com/en

This guide is for anyone who fears they might be targeted, or who is already under attack, for speaking their mind online, but is especially designed for women, people of color, trans and genderqueer people, and everyone else whose existing oppressions are made worse by digital violence. It details best security practices for social media, email, online gaming, website platforms, and ensuring privacy of personal information online, as well as the documentation and reporting of harassment, and caring for yourself emotionally during an online attack. You don’t need any specialized knowledge to use this guide – just basic computer and internet skills.

The authors of the guide have all been targets of cyber attacks ourselves, so we’ve written the guide we wish had already existed when the attacks on us began. We’re all based in the US, but we’ve done our best to make it useful no matter where you live.

We wish we didn’t have to write this. Going through even some of these steps to protect your online safety will cost you real time and sometimes money. It’s a tax on women, people of color, queer and trans people and other oppressed groups for daring to express our opinions in public.

None of this is fair. It should not be our meticulous labor and precious funds that keep us safe, it should be our basic humanity. But that has proven heartbreakingly, maddeningly insufficient more times than we can count. So below are some of the things that we’ve learned that can help, even though we shouldn’t have to do any of them. While we fight for a just world, this is the one we’re living in, and we want to share what we know.

We also want to acknowledge that people with more financial and leisure-based privilege will have better access to implementing comprehensive strategies — a structural unfairness that highlights how unjust online harassment is. It’s also true that none of these are foolproof — you could employ all of these strategies and still be targeted.

And just to be crystal clear: if someone attacks, harasses or threatens you online, it’s not your fault, even if you haven’t previously taken any safety precautions.

It’s never your fault. Never. Ever.
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Netz?

Beitrag von Ninas Ex »

Wie Feminist Frequency wirklichen und erfundenen Frauen hilft

Über den kritischen Ansatz von Anita Sarkeesian und Feminist Frequency. Der Artikel befasst sich mit dem Hintergrund und den Motivationen dieser Kritik.

Es wird Anita Sarkeesians neue Serie „Ordinary Women“ vorgestellt. Darin thematisiert sie besondere Frauen in der Geschichte, die Außergewöhnliches erreicht haben und zu ihrer Zeit mit großen Hindernissen in der Gesellschaft zu kämpfen hatten. Anita Sarkeesian hofft, durch ihre Serie die Erzählweisen und Darstellungsformen von Frauen in Computerspielen und anderen Kunstformen positiv zu beeinflussen.

Schließlich geht es im Artikel um Anita Sarkeesians leidvolle Erfahrungen mit Online-Belästigungen – sie nennt es ein Trauma – und ihren Einsatz für einen respektvollen Umgang miteinander.
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Netz?

Beitrag von AT-AK-Rätsler »

Ich habe den Artikel auf Telepolis nur kurz überflogen, glaube aber, dass er zumindest am Rande auch in diese Diskussion passt.

http://www.heise.de/tp/artikel/48/48267/1.html
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Netz?

Beitrag von Ninas Ex »

Spannender Beitrag:

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