„Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Netz?

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kanedat
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von kanedat »

@realchris:
Ich habe deinen Ansatz vorher bereits verstanden. Nach wie vor fehlt aber eine umfassende Erläuterung zu verschiedenen Beispielen und stattdessen führst du nur Beispiele an, die deine Argumentationsrichtung unterstützen. So führst du kurz an warum z.B. Waffen in GTA ein Bestandteil der Spielwelt sind, aber warum z.B. in Mortal Kombat oder Dead or Alive die weiblichen Charakter in bisherigen Form gestaltet sind wird nicht thematisiert.

Die Frage ist also ob man ernsthaft von "Sinnhaftigkeit durch Kontext" sprechen kann/will, wenn man nicht bereit ist bei jedem Werk den Kontext zu betrachten. Bisher sind es wie gesagt lediglich Verweise auf Geschichte/Charakterzeichnung von Werken, bei denen man darauf verweisen kann bzw. bei denen es (in gewissem Maße) legitim ist darauf zu verweisen.
Ninas Ex hat geschrieben:Hey Simon! Nein, ich habe nicht die ganze Studie gelesen, sondern nur den Artikel. Sicher hast du recht, dass meine These mit dem Selbstbewusstsein nur eine Interpretation ist. Aber findest du das jetzt so abwegig? Ich meine, die Frage ist doch auch: wie soll man Selbstbewusstsein ueberhaupt wissenschaftlich messen. Und dann stellt sich die Frage, ob es vielleicht zum Selbstbewusstsein dazu gehört, wie man mit Erfolg oder eben Misserfolg umgeht. Sicher hast du recht, einen Automatismus gibt es wohl nicht. Aber man kann trotzdem die Annahme aufstellen, dass mehr Selbstbewusstsein eine geringere Wahrscheinlichkeit mit sich bringt, andere herunterzuputzen. Oder anders gesagt, ich glaube schon, dass selbstbewusste Maenner tendenziell weniger sexistisch sind.
Naja, "Selbstbewusstsein" wird in der Regel synonym mit "Selbstsicherheit" verwendet oder ist eine diffuse Mischung aus "Selbstsicherheit" und der Fähigkeit "Reflexion".
"Selbstsicherheit" an sich ist zwar ein Baustein der Charakterentwicklung, aber führt nicht zwangsläufig zu prosozialem Verhalten. Einfach ausgedrückt kann man intelligent/selbstsicher/etc und trotzdem ein Arschloch sein.
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Ninas Ex
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Ninas Ex »

Wahrscheinlich gehört Selbstsicherheit auch zum Selbstbewusstsein dazu, aber ich denke, es gehört mehr dazu. Wichtig für das Selbstbewusstsein scheint mir zu sein, dass du mit dir selber klarkommst, das heisst, dass du dich selber mit all deinen Staerken aber auch mit deinen Schwaechen annimmst. Zum Selbstbewusstsein gehört auch, dass du zufrieden damit bist, wie dein Leben laeuft. Und ich denke, es gibt noch andere Faktoren. Aber du hast in dem Punkt recht, dass hohe Selbstsicherheit einen nicht davor bewahrt, ein Arsch zu sein.
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Simon
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Simon »

Man kann auch als Sexist sehr zufrieden mit sich selbst sein und umgekehrt bedeutet nicht, dass diejenigen, die mit sich selbst unzufrieden sind, das über Sexismus kompensieren. Ich glaube nicht, dass man über's Selbstbewusstsein Schlüsse auf Sexismus ziehen kann, zumindest nicht, so wie du es tust.

Tatsächlich kann ich mir das sogar eher als "feministische" Taktik vorstellen (werfe ich jetzt nicht dir vor, lese ich aber aus einigen Berichten über Studien zu dem Thema heraus): Man versucht Sexisten als "schwache" Menschen darzustellen, so nach dem Motto "Wenn du Sexist sein musst, dann doch nur, weil du kein Selbstbewusstsein hast" oder "Seht mal, der hat ja gar kein Selbstbewusstsein und muss deswegen sexistische Sprüche loslassen".
realchris
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von realchris »

Selbstsicherheit und Selbstbewusstsein sind Synonyme!

Du kannst ein menschenverachtender, böser und gewalttägiger sexistischer Mensch sein und hast trotzdem ein starkes Selbstbewusstsein. Soziopathen gehören zu den selbstbewusstesten Menschen. Die Verknüpfung mit Selbstbewusstsein und Feminismus oder feministischen Einstellungen machst Du gerade selbst. Es kann natürlich eine Koraltion zu mysogynen Männern und geringem Selbstwert geben bzw. statistisch häufiger dort auftauchen. Muss man dann aber auch belegen. Bei Nazis hast Du ja auch eone solche Korelation.



@Kanedat:

Ich rede ja eben davon, dass das von Einzelfall abhängt und nenne deswegen auch Einzelfälle. Und "aber warum z.B. in Mortal Kombat oder Dead or Alive die weiblichen Charakter in bisherigen Form gestaltet sind wird nicht thematisiert." habe ich nie gespielt, deswegen kann ich Dir zu diesen beiden Spielen nichts sagen. Das ändert aber doch an meinem Argument nichts. Wenn es für die Geschichte oder Charakterzeichnung notwendig ist, gehört es eben mit dazu. Den Umkerschluss kannst Du Dir doch daraus ableiten. Ich finde z.B. Hostel ist ein Beispiel, in dem Gewalt nicht mehr zur Geschichte beiträgt, sondern einfach nur zum Aufgeilen der Zuschauer eingebaut wird. Ein Folterporno sozusagen. Da finde ich es nicht gut. Genauso, wenn ein Regisseur einen Film machen würde, der nur dazu da ist Frauen zu verachten. Wenn ich aber einen Film über eine Person mache, die FRauen verachtet hat, dann muss es natürlich im Film vorkommen. Für dieses Argument reichen 2 Beispiele.

@Simon

Ich bin ja so im linken Spektrum meiner Stadt unterwegs und unter meinen Kumpelinnen sind auch sich selbst bezeichnende Feministen. Mit einer Davon spreche ich ganz offen, so wie mit anderen jungs. Da saß ich letztens mit ihr im Auto, kommt son richtiges heißes Teil mit langen Haaren, hübschem Gesicht, geschmackvoll angezogen, irgendwie wie ne Grafikerin oder Künstlerin und sie sah, dass mir die Tante gefällt. Da meinte sie: " Das ist ja typisch. Wieder son typisches Beuteschema von Typen."

Da habe ich ihr gesagt: "Mir gefallen halt lange Haare besser."

Und da startete diese typische. Ihr wollt ja nur langhaarige, weil Euch die kurzhaarigen zu selbstbewusst sind-Diskussion. Und dann musste ich Ihr erklären, dass das nichts mit Selbstbewusstsein zu tun hat. Sondern schlicht mit Oberflächlichkeit. Mir gefallen lange Haare einfach besser und kurze Haare finde ich meistens kacke.

Ich musste sie eine halbe Stunde davon überzeugen, dass ihr Feministisches Weltbild nicht den Tatsachen entspricht. Man auf lange Haare einfach steht bzw. ich einfach auf lange Haare stehe. Dann hatte sie die These kurzhaarige sind intelligenter. Dann habe ich ihr gesagt, wenn die Tante von eben einen IQ von 500+ hätte und nebenbei Bundeskanzlerin wäre, würde ich sie genauso geil finden und wenn beide diese Eigenschaften hätten, würde ich trotzdem die langhaarige nehmen. Das ist einfach mein Geschmack.

Dann antwortete sie nur, dass ich frauenverachtend bin, weil ich das so sehe. (Unabhängig davin, dass sie bei Jungs seölbst ihre hohen Kriterien anlegt :-))

Das ist halt diese typische feministische Argumentation. Wenn Du das nicht so oder so siehst, hast Du diesen oder jenen Mangel. Polemik halt. Besonders der linke Feminismus nutzt dieses rhetorische Mittel gerne und findet es auch legitim. Hauptsache, es dient der Sache.
Meine Top 5 von Spielen, Stand für August 2018: 1.) DOTT 2 Fangame • 2.) Thimbleweed Park • 3.) The Last Of Us • 4.) Resident Evil 7 • 5.) Little Nightmares
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Vainamoinen
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Vainamoinen »

Ebenso wie die Präferenz langer Haare bei potentiellen wie unwahrscheinlichen Partnerinnen nicht typisch für das männliche Geschlecht ist, ist die Vorstellungswelt deiner Freundin nicht typisch für den Feminismus. Können wir uns darauf einigen?

/Thema


Zum Thema gamergate gibt es übrigens seit Kurzem eine schlicht herausragende sechsteilige Youtube-Serie (auf Englisch natürlich). Die ich euch nicht vorenthalten will.

https://www.youtube.com/watch?v=6y8XgGhXkTQ
kanedat
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von kanedat »

Ninas Ex hat geschrieben:Wahrscheinlich gehört Selbstsicherheit auch zum Selbstbewusstsein dazu, aber ich denke, es gehört mehr dazu.[..]
Der Begriff "Selbstbewusstsein" ist uneindeutig/mehrdeutig und es finden im englischsprachigen Bereich bzw. in der Fachliteratur andere Begriffe ihre Anwendung.
Was dein Beitrag noch einbringt würde man so auch generell nicht unter einen Begriff packen, da man verschiedene Aspekte einbringt, vermischt und das eher diffuse, weitläufige Gesamtkonstrukt nur bedingt messbar ist. Was du bisher in 2 Beiträgen inhaltlich angeschnitten hast wäre u.a. self-awareness, self-consciousness und self-efficacy.
realchris hat geschrieben:[..]
@Kanedat:
Ich rede ja eben davon, dass das von Einzelfall abhängt und nenne deswegen auch Einzelfälle. [..] Das ändert aber doch an meinem Argument nichts. Wenn es für die Geschichte oder Charakterzeichnung notwendig ist, gehört es eben mit dazu. Den Umkerschluss kannst Du Dir doch daraus ableiten. [..] Für dieses Argument reichen 2 Beispiele.
Mein Problem war nicht die Anzahl der Beispiele, sondern wie bereits gesagt die (bisherige) Einseitigkeit der Beispiele. Die explizite Nachfrage/Kritik ist darin begründet, dass der Umkehrschluss keineswegs so automatisch erfolgt wie von dir angeführt. Ich hatte schon mehrfach solche Diskussionen und es auch nicht selten, dass je nach "Qualität von Kontext/Handlung/etc" eine kritische Betrachtung (nicht) stattfindet.

So stehen dann Handlung & co im Vordergrund und dienen als Legitimation, wenn dies möglich ist. Bei sehr dünner Handlung kommt dann schnell mal der Freischein, weil quasi "ohnehin schon alles Bockmist ist und man es nicht ernst nehmen kann". Da sind (als einfaches Beispiel) bei den Prügelspielen mangels Handlung die dicken Hupen und knappen Outfits auch cool. Bei Filmen kennt man das ja als das berühmte "Popcorn-Kino"-Argument. Da wird dann z.B. ein Transporter-Film, bei dem man die weit klaffenden sowie offensichtlichen bzw. unübersehbaren Logiklöcher schon sehr großzügig ignorieren muss, entsprechend abgestempelt und alles ist gut. (Die Abgrenzung der Fiktion zur Realität wird kurz gesagt ja auch gern mal für den Freischein benutzt)
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Ninas Ex
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Ninas Ex »

Anita Sarkeesian interview: 'The word "troll" feels too childish. This is abuse'

When Anita Sarkeesian launched a YouTube series on misogyny in video games, she received death threats and was forced into hiding. A year on from GamerGate, she explains why a global ‘temper tantrum’ won’t make her quit

http://www.theguardian.com/technology/2 ... ca-valenti
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Vainamoinen
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Vainamoinen »

The truth, Sarkeesian says, is that GamerGate existed for years before it had a name: the same core players, the same harassment, the same abuse. The hashtag just put a name on this “loosely organised mob” that attacked women in gaming, she tells me.


Es war erschütternd, mitanzusehen, wie gamergate-Unterstützer am Donnerstag ihren "ersten Geburtstag" feierten... ohne den eigentlichen Namensgeber und den Kontext der Entstehung des Hashtags näher zu erwähnen, alles Themen, die inzwischen "ja gar nicht zu gamergate gehören". :|

"Gamergate" ist das selbstgewählte Kainsmal für einen organisierten, kulturellen Selbstmord, der viele viele Jahre zurückreicht. Der Hashtag verliert derzeit rasend an Popularität, was auch an den herauskristallisierten Galionsfiguren des angeblich führerlosen Mobs liegt – Mike Cernovich, Roosh V., Mark Kern, Derek Smart, Davis Aurini, Milo Yiannopoulos, Christina Hoff Sommers; alles Leute, mit denen sich kaum ein Gamer wirklich identifizieren möchte. Im deutschsprachigen Raum noch deutlich weniger, obwohl da natürlich auch ein paar recht üble Neanderthaler sitzen.

Leider wird der Hashtag bald sterben, ohne dass die elementarsten Probleme der Lösung näher gekommen wären.
Insofern wurde hier viel verloren, aber nichts gewonnen. :(

Die Aufklärer werden (gottlob) wieder aufdrehen, insbesondere Sarkeesian hat dank Intel noch für ein paar Jahre Saft. Gleichzeitig wird sich aber der Widerstand wieder intensivieren, vielleicht unter einem anderen Hashtag, vielleicht verstärkt durch chan-Aktivismus; oder vielleicht konzentriert sich der Protest dann auf die sogenannte "P.C.Kultur", mit extraviel Ichbinkeinfrauenhasseraber, Daswirdmandochnochsagendürfen und Naistdochwahr.
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Ninas Ex »

Also mich stört das überhaupt nicht, wenn GamerGate den Bach runtergeht. Glaubst du denn wirklich, dass die GamerGate-Szene irgendwas Gehaltvolles zur Debatte beitragen könnte, Vainamoinen? Diese erbärmlichen Typen beschränken sich doch auf frauenfeindliches Gerülpse, Gegröhle, Schimpfen und Androhung von terroristischen Anschlägen. Ich denke, die GamerGate-Szene ist in erster Linie ein Fall fürs Strafrecht, aber auf keinen Fall als Diskussionspartner ernstzunehmen.

Die von dir beschriebenen Probleme sind außerdem meiner Meinung nach nur ein kleiner Teil des Problems. Im Großen und Ganzen geht es doch hier um die Frage, wie die Gesellschaft mit dem Problem Sexismus umgeht und etwas konkreter geht es im Besonderen auch um die Frage, wie wir die Internet-Kultur verändern können, sodass Frauen - und andere Opfer von Diskriminierung - nicht mehr länger Angst haben müssen, online ihre Meinung zu äussern.

Es ist ganz einfach nicht akzeptabel, dass Frauen beschimpft und bedroht werden. Da muss sich etwas ändern an der Art und Weise, wie wir miteinander umgehen. GamerGate kann vor allem dazu dienen, aufzuzeigen, wie krass und brutal das Problem Sexismus insbesonders im Internet eigentlich ist. Und GamerGate ist bestenfalls dafür geeignet, um wissenschaftlich untersucht zu werden und Antworten auf den pathologischen Frauenhass zu suchen.
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Vainamoinen
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Vainamoinen »

Immerhin hat der Hashtag dabei geholfen, das Problem zu orten und an einigen Rädelsführern festzumachen. Geht der Hashtag zu Ende, bleiben die Probleme zur Gänze erhalten und wir fangen die Diskussion zum x-ten Mal von vorne an. Die Leute, die sich einschalten, die frauenfeindlichen Rülpser und Gröler, gehen davon ja nicht weg. Die 'diskutieren' fröhlich weiter, nur dass sie sich dabei morgen eben von Gamergate abgrenzen.

Gamergate ist ein Symptom, das durchaus als Anzeichen für eine tieferliegende Krankheit eine Weile ganz nützlich war.

Der Umgang mit Sexismus in unserer Gesellschaft ist dezidiert Teil des Problems mit Gamergate, stellt es aber nicht "im Großen und Ganzen" dar. Auf den Punkt gebracht, nach einem Jahr intensiver Auseinandersetzung mit der Thematik und so neutral wie eben möglich:

Gamergate ist eine Bewegung aus Konsumenten von Videospielen, angeleitet größtenteils von Nicht-Konsumenten. Gamergate versteht sich als Gegenreaktion auf die in den letzten Jahren langsam gewachsene Tendenz von Kritikern und Journalisten, Spiele in einem kulturellen Kontext zu bewerten, wie etwa in den Medien Literatur und Film auch. Dabei wird insbesondere das Recht der Kritiker und Journalisten in Frage gestellt, diese Faktoren überhaupt zu berücksichtigen.

Da ist der Sexismus jetzt gar nicht drin, oder...?

Aber ja doch, irgendwo schon. Der Spieleszene sind diese wichtigen Formen der Kulturkritik einfach fremd. Obwohl das in Film und Literatur zu einem gesunden Diskurs geführt hat, fühlt sich der Zocker in erster Linie persönlich angegriffen. "Dein Lieblingsspiel hat problematische Elemente bei der Geschlechterdarstellung" heißt für ihn "Du dreckiger Sexist". Und dann schlägt er zurück, der männliche Zocker, so hart er kann. Baut sich Luftschlösser aus Verschwörungstheorien, wie Sarkeesian oder Quinn Einfluss auf die AAA-Spieleszene nehmen. Und pöbelt in Foren damit rum, während einige in diesem Klima zu extremeren Maßnahmen greifen, um ihr Medium zu 'schützen'.

Dabei kommt notwendig ein Wald rückständiger sexistischer Einstellungen zum Vorschein (an denen 30 Jahre 'Jungfrau in Nöten'-Spiele jetzt ggf. nicht vollkommen unschuldig sind). Das Ziel der Angriffe sind vorrangig Frauen, weil natürlich die Frauen vortreten und es wagen, Spiele für Sexismus zu kritisieren. Und zack, haben wir die "Ich bin kein Sexist, aber wenn ich diese Anita schon sehe"-Situation.

Sexismus ist ein Riesenproblem in der Spielewelt. Gamergate funktioniert nur mit diesem Sexismus, dreht sich aber nicht darum. Der zentrale Vorwurf, der Spielen von Kritikern heute gemacht wird, ist der einer verarmten Repräsentation bzw. einer Unterrepräsentation, was Stereotypen verstärken kann. Selbstverständlich bezieht sich das auf Frauenfiguren/charaktere, aber eben auch auf bestimmte Hautfarben oder sexuelle Ausrichtungen. Entwickler, die hier gegensteuern, stehen von Seiten Gamergates unter Dauerbeschuss (Tim Schafer, Ragnar Tørnquist und natürlich stets auch die Macher von "Gone Home"). Es geht in der Tat nicht ausschließlich um sexistische Motive.

Die Angriffe gegen Sarkeesian und Quinn sind in erster Linie frauenfeindlich. Die Diskussionen, die ich zu ihren Werken gesehen habe, waren teils bis ins Mark sexistisch. Und dennoch greift gamergate thematisch noch weiter. :(
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Ninas Ex »

Ich bin mir nicht sicher, ob ich dich richtig verstehe, aber kann man das so zusammenfassen, dass du meinst, GamerGate bedient sich des Sexismus, weil der GamerGate-Szene die Kulturkritik fremd ist, weil sie diese Kritik also nicht versteht? Und weil sie sich persönlich angegriffen fühlt? Das heisst, du meinst, das Hauptproblem ist die Vermittlung der Kritik? Demnach würde der Sexismus abflauen, wenn man der GamerGate-Szene die Kritik auf eine verständliche Weise näher bringen würde? Ein interessanter Gedanke, finde ich.

Das würde ja heissen, man müsste nur deutlicher darauf hinweisen, dass es sich bei der Kritik nicht um einen persönlichen Angriff handelt ("Du dreckiger Sexist"), sondern dass die Kritik einen anderen Gegenstand hat ("Dein Lieblingsspiel hat problematische Elemente bei der Geschlechterdarstellung"), oder? Üblicherweise hängt ja Sexismus sehr eng mit Macht zusammen, denn die Gesellschaft ist so organisiert, dass Männer über Privilegien verfügen und in einer Machtposition gegenüber Frauen sind. Und je mehr der Verlust von Privilegien und Macht droht, desto rabiater entwickelt sich die sexistische Abwehrreaktion. Aber dein Gedanke, dass der Sexismus sehr stark darauf beruht, dass die feministische Kritik einfach nicht verstanden wird, geht in eine andere Richtung. Finde ich spannend!
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Vainamoinen
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Vainamoinen »

Ninas Ex hat geschrieben:Das würde ja heissen, man müsste nur deutlicher darauf hinweisen, dass es sich bei der Kritik nicht um einen persönlichen Angriff handelt ("Du dreckiger Sexist"), sondern dass die Kritik einen anderen Gegenstand hat ("Dein Lieblingsspiel hat problematische Elemente bei der Geschlechterdarstellung"), oder?
Da gamergate nicht darauf ausgerichtet ist, Kritikern zuzuhören, sondern Verschwörungstheorien zur Kritik zu konstruieren, bringt uns das leider überhaupt nicht weiter.

Noch deutlicher als etwa Anita Sarkeesian kann man es ja nun wirklich auch nicht machen, und bei der heißt es etwa in jedem neuen "Tropes vs. Women"-Video:
As always, please keep in mind that it’s entirely possible to be critical of some aspects of a piece of media while still finding other parts valuable or enjoyable.


Will heißen: Dein Hobby ist gut, dein Hobby ist schön, lass uns jetzt mal kucken, ob sich dieser Glanz auf das gesamte Hobby erstreckt. Und um diese Kritik ranken sich seit Jahren Verschwörungstheorien der Einflussnahme und der Zensur! Da ist nichts zu machen mit "Hinweisen". Die Kritik wird nicht verstanden, weil sie nicht verstanden werden möchte. :(

Die Kritiker möchte Gamergate reflexartig als eine Instanz sehen, die völlig außerhalb des Hobbies steht. Die selbst nicht spielt und auch gar kein Verständnis für Spiele hat. Das verbietet von vorneherein bereits eine nähere Beschäftigung mit der Kritik selbst oder dem Hintergrund (das schließt insbesondere die feministische Weltanschauung mit ein).

Du findest nicht wenige Gamergate-Unterstützer, die die Bewegung ganz offen als Rachefantasie als Reaktion auf ihre "Beleidigung" bezeichnen, und zwar in Zusammenhang mit den absichtsvoll falsch bezeichneten sogenannten "Gamers are dead"-Artikeln. Nur weil die Spielepresse sie beleidigt hätte (= es gewagt hat, die Angriffe auf Zoe Quinn zu verdammen und in die Problematik als in der Spielekultur systemisch zu interpretieren), wäre Gamergate überhaupt zu diesem Hexenkessel hochgekocht. Mit Aufklärung ist da keine sinnvolle Arbeit mehr zu leisten. Die sind beleidigt, weil sie einen Grund zum Herumwüten brauchen. Den kriegen sie auch morgen wieder, nur heißt er dann nicht mehr Gamergate.

Wie gesagt – Gamergate stirbt, der Sexismus bleibt. :|
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Ninas Ex »

Also ein komplett irrationaler und rein selbstbezogener, zur zwischenmenschlichen Kommunikation unfähiger Haufen von Sexisten? Selbst wenn das der Fall ist, bleibt die Frage unbeantwortet, was wir gegen den Sexismus tun können? Weil jedes Mal darauf gefasst sein müssen, dass der ganze ekelhafte Hass wieder hochkocht, ist auch nicht gerade das Gelbe vom Ei...
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Shard of Truth
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Shard of Truth »

Sorry Vainamoinen, aber was du hier schreibst ist auch schon ziemlich konstruiert, zusammen phantasiert und vor allem über einen Kamm geschert (unter dem Motto: "Alles Sexisten, nur ich nicht"), zu einer Verschwörungstheorie fehlt wirklich nicht mehr viel. Das müsste man jetzt alles einzeln auseinander nehmen und in den jeweiligen Kontext stellen, aber dafür ist mir meine Zeit zu schade.

Wie überhaupt hier noch ernsthaft über Anita Sarkeesian gesprochen wird, ist mir schleierhaft. Das letzte halbe Jahr hat doch eindeutig gezeigt, dass die Frau zu ehrlich gemeinter Kritik gar nicht fähig ist (von Selbstkritik gar nicht zu reden).
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Re: „Gamergate“ oder: was machen gegen den Frauenhass im Net

Beitrag von Ninas Ex »

Das müsste man jetzt alles einzeln auseinander nehmen und in den jeweiligen Kontext stellen, aber dafür ist mir meine Zeit zu schade.
Diese fadenscheinige "Argumentation" ist schon ziemlich konstruiert, zusammen phantasiert und vor allem über einen Kamm geschert und zu einer Verschwörungstheorie fehlt wirklich nicht mehr viel, gell, Shard of Truth?!
Wie überhaupt hier noch ernsthaft über Anita Sarkeesian gesprochen wird, ist mir schleierhaft. Das letzte halbe Jahr hat doch eindeutig gezeigt, dass die Frau zu ehrlich gemeinter Kritik gar nicht fähig ist (von Selbstkritik gar nicht zu reden).
Soll sie sich zu jeder abartigen Mord- und Vergewaltigungsdrohung ihrer "Kritiker" äußern, damit sie von den "Kritikern" als Gesprächspartnerin erst recht wieder nicht ernst genommen wird? Nein nein, gegen die pöbelnden, drohenden, rülpsenden, schimpfenden "Kritiker" von Anita Sarkeesian hilft nur das Strafrecht, da bei vielen von ihnen der Straftatbstand des Mobbings und Stalkings, möglicherweise auch des Terrorismus, erfüllt ist.
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