Welches Buch lest ihr ?

[Möwe]

Frans de Waal: The Age of Empathy: Nature's Lessons for a Kinder Society

Schönes Buch und leicht zu lesen.
Ich wollte eigentlich sein neuestes Buch lesen, war dann aber zu geizig, weil das noch nicht second hand erhältlich war.
Vielleicht könnte ich es jetzt probieren.
Das wäre dann: Are We Smart Enough to Know How Smart Animals Are?

[Jehane]

Matt Ruff, Lovecraft Country

[Haruspex]

Sitze gerade an einem buch mit kurzgeschichten von Tschechow....die letzte war "Eine langweilige Geschichte". sehr schwermütig dieser Tschechow, aber gleichzeitig auch sehr schön, sprachlich und sonst stilistisch.
die handlung dreht sich um die letzten monate eines professor in einer - ich denke - unbenannten stadt in russland, der sein leben der wissenschaft gewidmet hat. am ende seines lebens verfällt er in missmut und unzufriedenheit und gelangt schließlich zu der erkenntnis, dass es seinem leben an einer alles einenden, großen idee gemangelt hat und dass auch seine leidenschaft für die wissenschaft nicht genug war.

seine einstellung war ja angeblich, dass der schriftsteller selber nicht urteilen soll, sondern nur beobachten und darstellen. das kann einem gefallen oder auch nicht; mir persönlich kommt es ein wenig mangelhaft vor, da die geschichte selber einige wirklich gute und tiefsinnige fragen stellt, auf die es aber natürlich keine antwort gibt. man kann da gut und gerne sage "man soll sich diese wichtigen fragen im leben ja auch selber beantworten." - das kann ja sein und es wird schlussendlich wohl darauf hinauslaufen, allerdings ist es doch viel interessanter und bereichernder zu sehen, was andere darauf zu erwidern haben und sich selber daraus mitzunehmen, was man für sich anerkennen kann. es sind ja eigentlich diese sehr subjektiven dinge, die das schönste und beste sind, wenn man sich mit der geisteshaltung einer anderen person auseinandersetzt. objektive wahrheiten sind ja mittlerweile eine sehr banale und langweilige sache geworden.

ein weiterer punkt den ich anmerken will: es reicht für eine erzählung aus jeden fall nicht, nur die aussichtslosigkeit und schwermut einer situation zu erläutern. das macht eine geschichte nur arm. ich glaube dass man den figuren immer auch - zumindest - einen ausblick auf erlösung bieten sollte. ob sie die im handlungsverlauf auch wirklich annehmen, ist eine andere frage und abhängig von der handlungskomposition. denn was hat man schon davon, nur den sumpf eines menschlichen gemütes offenzulegen, aus dem es kein entkommen mehr gibt? aber das ist nur mein geschmack; bin halt doch ein optimist.

[Haruspex]

ich kann nur jedem raten, zumindest einmal im leben in Freiherr von Knigges werk "Über den Umgang mit Menschen" zu blättern; mit den benimmregeln, die man mit seinem namen assoziiert, hat das werk wenig zu tun, zumindest nicht in näherem sinne wie gepflegte manieren zu tisch.
das Buch enthält nicht wirklich nur u.a. ratschläge zum umgang mit eltern, freunden, frauen, kindern, mächtigen etc. (das sind die kapitel, in denen es untergliedert ist), sondern auch scharfe beobachtungen und tiefe lebensweisheit. dazu auch noch unglaublichen feinsinn im moralischen empfinden. am schönsten finde ich die passagen, in denen er auf die enttäuschungen eingeht, die man im menschlichen miteinander immer wieder erlebt, denen er aber doch das bereichernde abgewinnt. dazu:

"Verzweifle nicht, werde nicht mißmutig, wenn Du nicht die moralische oder intellektuelle Höhe erreichen kannst, auf welcher ein andrer steht, und sei nicht so unbillig, andre gute Seiten an Dir zu übersehn, die Du vielleicht vor jenem voraus haben magst – und wäre das auch nicht der Fall! Müssen wir denn alle groß sein?

Stimme Dich auch herab von der Begierde zu herrschen, eine glänzende Hauptrolle zu spielen. Ach, wüßtest Du, wie teuer man das oft erkaufen muß! Ich begreife es wohl, diese Sucht, ein großer Mann zu sein, ist bei dem innern Gefühle von Kraft und wahrem Werte schwer abzulegen. Wenn man so unter mittelmäßigen Geschöpfen lebt und sieht, wie wenig diese erkennen und schätzen, was in uns ist, wie wenig man über sie vermag, wie die elendesten Pinsel, die alles im Schlafe erlangen, aus ihrer Herrlichkeit herunterblicken – Ja! es ist wohl freilich hart! – Du versuchst es in allen Fächern; im Staate geht es nicht; Du willst in Deinem Hause groß sein, aber es fehlt Dir an Geld, an dem Beistande Deines Weibes; Deine Laune wird von häuslichen Sorgen niedergedrückt, und so geht denn alles den Werkeltagsgang; Du empfindest tief, wie so alles in Dir zugrunde geht; Du kannst Dich durchaus nicht entschließen, ein gemeiner Kerl zu werden, in dem Fuhrmannsgleise fortzuziehn – das alles fühle ich mit Dir; allein verliere doch darum nicht den Mut, den Glauben an Dich selber und an die Vorsehung! Gott bewahre Dich vor diesem vernichtenden Unglücke! Es gibt eine Größe – und wer die erreichen kann, der steht hoch über allen –, diese Größe ist unabhängig von Menschen, Schicksalen und äußerer Schätzung. Sie beruht auf innerem Bewußtsein, und ihr Gefühl verstärkt sich, je weniger sie erkannt wird."

http://www.glanzundelend.de/konstantese ... niggeb.htm

[Haruspex]

Tschechow - Das Duell

bis jetzt die erzählung, die die interessantesten charakterisierungen vorweisen kann. in einer kleinen stadt irgendwo am kaukasus treffen zwei adelsmänner mit gegensätzlicher natur und gesinnung aufeinander. - kurz gesagt, lang ausgeführt ist es eher so, dass der eine - von Koren - ein radikaler pragmatist ist, der den anderen - Lawjeskij - verachtet. Lawjeskij ist ein lebemann und faulpelz, er liebt die frauen und ist auch mit einer in die besagte stadt abgehaun, hat sie ihrem ehemann entführt - und ist ihrer schon überdrüßig geworden. die handlung verfolgt nun seine stimmung und seine gedanken, seine verzweiflung und seinen zwiespalt darüber, dass er zwar kein edler mensch ist, aber doch nicht so verkommen, dass er seine frau ohne weiteres im stich lassen kann. psychologisch sehr interessant zu verfolgen, auch ein wenig makaber, weil sie im laufe der handlung in ähnliche stimmung gerät wie Lawjeskij selber....der davon aber nichts ahnt.

Lawjeskij ist kein mensch, der von irgendeiner lebenseinstellung getrieben wird, er stehen nicht die gedanken hinter seinen handlungen, obwohl er ein sehr intelligenter mensch ist und ausgezeichneter beobachter, sondern seine natur. Von Koren andererseits wird sowohl von seiner natur als auch von seinen ideen motiviert. er empfindet ebenso leidenschaftliche verachtung wie Lawjeskij liebe empfindet oder den drang nach freiheit.

am ende wandeln sich beide, was für eine tschechow erzählung sehr ungewöhnlich ist....es wirkt fast wie ein schönes ende. und trotzdem fehlt etwas, denn trotz allem sind beide letztendlich unglücklich (warum auch immer).

hier das ende der erzählung, beispielhaft für Tschechows fortschrittsoptimismus, obwohl er in seinen erzählungen eigentlich immer wie ein trauriger mensch wirkt:

"›Ja, niemand weiß die ganze Wahrheit,‹; dachte Lajewskij und blickte kummervoll auf das erregte, dunkle Meer.
›Das Boot wird zurückgeworfen,‹; dachte er. ›Zwei Schritte macht es vorwärts und einen rückwärts. Aber die Ruderer sind hartnäckig, unermüdlich legen sie sich in die Riemen und fürchten sich nicht vor den hohen Wellen. Das Boot kommt immer weiter, immer weiter. Man sieht es schon nicht mehr. Noch eine halbe Stunde, und die Ruderer sehen deutlich die Lichter des Schiffes. Und in einer Stunde sind sie an der Schiffsleiter. – So ist das Leben. Auf dem Weg zur Wahrheit macht der Mensch zwei Schritte vorwärts und einen rückwärts. Die Leiden, die Sünden, die Langeweile des Lebens werfen ihn zurück, aber der Durst nach Wahrheit und der feste Wille treiben ihn vorwärts, immer vorwärts. Und wer weiß? Vielleicht erreicht er einmal die ganze Wahrheit.‹;
»Leb' wo-ohl!« schrie Samoilenko.
»Nichts zu sehen und zu hören!« sagte der Diakon. »Glückliche Reise!«
Der Regen prasselte herunter."

wenn ich meine leseerfahrung jetzt so überdenke, müsste ich die geschichte eigentlich viel schöner finden, aber die erzählung hinterlässt bei mir nicht allzu viele eindrücke....anders als z.b. "Jonytsch", die eigentlich viel wehmütiger und negativer ist. ich weiß nicht genau woran es liegt, aber es fehlt mir ein bisschen das herz.

[Jehane]

Kazuo Ishiguro, The Buried Giant. Bin noch nicht sonderlich weit, find das Buch aber irgendwie sehr... beruhigend

[Sternchen]

Dears Band 3 ja ein Manga aber im Moment lese ich aktuell lieber wieder mehr gern Mangas/Taschenbücher als dicke Wälzer.

[LittleRose]

Wir unterbrechen diesen Thread für eine wichtige Sondermeldung: Die Leseprobe zum kommenden neuen Band der Smoky Barrett-Reihe ist erschienen.
https://www.luebbe.de/bastei-luebbe/spe ... August2016

[postulatio]

Generation beziehungsunfähig

https://www.amazon.de/Generation-Bezieh ... 3841904068

[Orlando]

Neil Gaiman: The View from the Cheap Seats - Selected Nonfiction

...als Hörbuch, von Gaiman selbst gelesen.

Das Buch enthält Reden, Vorworte, Essays, etc zu Büchern, Comics, Musik und anderem. Sehr zu empfehlen, vor allem für Gaiman Fans. Solchen, die es werden wollen, würde ich zuerst seine Romane ans Herz legen. Vielleicht American Gods als Vorbereitung auf die kommende Verfilmung?

[MarTenG]

Dimitry Glukhovsky - Futu.re
Geht auf jeden Fall vielversprechend los

[Jehane]

Plage mich mit John Steinbeck, "Of mice and men". Ich kann mir nicht helfen, aber bisher (nach ca. 40 Seiten von insgesamt um die 100) finde ich es einfach nur öde.

[LittleRose]

Nach einer langen Pause habe ich "Hiobs Brüder" von Rebecca Gablé noch eine Chance gegeben. Ich mag es ja, wenn sich die Story langsam entfalten kann, aber 300 Seiten bis der Kram mal Fahrt aufnimmt? Man kann's auch übertreiben. Dafür wird es aber jetzt umso spannender. Und gut recherchiert scheint mir die Geschichte soweit auch zu sein. Die medizinische Theorie stimmt jedenfalls schonmal mit meinen Recherchen für ein Referat damals im Studium überein.

[z10]

Cixin Liu - The Three-Body Problem
Die Inhaltsangabe klang interessant, wenn auch vage. Ich bin gespannt, wo es hin führt.

[Shootingstar]

Cauldron von Jack McDevitt