Erzählen in Point-and-Click Adventures

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BeccaKA
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Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von BeccaKA »

Hey liebe Adventurer!

ich bin Studentin der Kulturanthropologie und forsche zurzeit für meine Bachelor-Arbeit. Dabei geht es mir vor allem darum, wie Erzählen und Erzählung in Adventure Spielen wahrgenommen wird.

Daher würde ich hier gerne mit euch ein bisschen drüber reden :wink:

Zum Beispiel:
Was für (Point-and-Click) Adventures hast du schon gespielt? Welche Erfahrungen hast du damit gemacht?
Was macht eine „gute“ Story für dich aus? Wie wichtig ist dir die Geschichte (auch im Vergleich zu den Rätseln)?
Wie empfindest du das erzählen?

Freue mich über eure Meinungen :D
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Brian Wilson
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Re: Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von Brian Wilson »

Ein sehr spannendes Thema. Werde mich innerhalb der nächsten Tage gerne beteiligen.
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Bakhtosh
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Re: Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von Bakhtosh »

Das Thema ist sicher spannend. Ich bin mir aber nicht ganz sicher, ob man mit diesen Fragen den Besonderheiten oder Stärken des Adventures beim Erzählen von Geschichten näher kommen kann.

Ich versuche es trotzdem einmal. Vielleicht nähert man sich ja dem Ganzen dann im Dialog. :)

Was für (Point-and-Click) Adventures hast du schon gespielt?
Eine Menge, aber es gibt hier Leute, die sicher noch deutlich mehr gespielt haben. Spontan fällt mir an dugegespielten Adventures ein (bestimmt nicht alle): Alle LucasFilm/Arts Adventures, Space Quest 1-6, Kings Quest 6 & 7, Larry 1-3 und 5 & 6, Baphomets Fluch 1-5, Kyrandia 1-3, Shadow of the Comet, Star Trek 25th Anniversary, Star Trek Judgement Rites, Star Trek A final Unity, Black Mirror 1-3, Memento Mori 1&2, Reprobates, So Blonde, Runaway 1&2, Gabriel Knight 1, Belief & Betrayal, Ghost Pirates, Haunted, Phantasmagoria, Syberia 1&2, Toonstruck, Orion Burger, Jack Orlando, Gray Matter, Lost Chronicles of Zerzura, Kaptain Brawe, 15 Days, Mata Hari, The Moment of Silence, Overclocked, The longest Journey, Dreamfall, Dreamfall Chapters, Simon the Sorcerer 1&2, Still Life, The whispered World, Edna bricht aus, Goin Downtown, A new Beginning, Satinavs Ketten, Memoria, Erben der Erde, Kathy Rain, Riddles of Master Lu, Beneath a steel Sky, The lost Files of Sherlock Holmes, The last Express, ...

Welche Erfahrungen hast du damit gemacht?
Inwiefern? Es ist mit mein Lieblingsgenre. Mir gefällt, dass ich in Ruhe über die gestellten Probleme nachdenken kann. Und dass die gestellten Aufgaben sich ständig ändern. Spiele, wo Aufgaben samt Grafik viel zu oft gleich bleibt, haben es bei mir schwer (Stichwort "Grinden").

Was macht eine „gute“ Story für dich aus?
Das lässt sich schwer auf den Punkt bringen. Ich spiele sowohl ernste Adventures als auch welche, wo es mehr um den Humor geht. So ohne Bezug ist die Frage so ähnlich, als wenn man mich fragt, was für Bücher oder Filme ich mag. Das ist halt mein Geschmack. Wichtig ist für mich z.B. auch bei Filmen, dass die Story in sich plausibel ist. Das gilt auch für Fantasy oder Science Fiction. Ich mag es nicht, wenn man das Gefühl hat, dass das nicht durchdacht wurde. Wenn eine Welt konstruiert wurde, aber sich dann etwas nicht an die Regeln hält, die zuvor skizziert wurden.

Wie wichtig ist dir die Geschichte (auch im Vergleich zu den Rätseln)?
Mir ist die Geschichte auf jeden Fall sehr wichtig. Denn so wie ich das sehe, macht die Story aus einem reinen Rätsel/Puzzle Spiel erst zu einem Adventure. Allerdings brauche ich auch das Gefühl der Protagonist zu sein. Habe ich nichts zu tun, außer mal hier und da zu klicken, dann gucke ich vom Gefühl her eher einen Film und fühle mich nicht so sehr in die Welt/Story hinein gezogen, wie bei einem Adventure. Je mehr mich die Geschichte mitnimmt, desto mehr verzeihe ich aber auch eher wenig vorhandene Puzzles. Life is Strange ist hier ein Paradebeispiel. Das hat mich trotz vergleichweise wenig Rätsel richtig mitgenommen. Viele hier sehen es aber nicht mehr als Adventure. Es reicht mir aber nicht, nur zu bestimmten Zeiten zu klicken. Es gab da in den 90ern so eine Art Zeichentrickfilme als Spiel, wo man nur zu bestimmten Zeitpunkten klicken musste. Komme aber gerade nicht auf den Namen.

Wie empfindest du das Erzählen?
Mir gefällt die sehr direkte Verbindung Probleme zu lösen und die Story voran zu treiben. Ein Vergleich zum Rollenspiel. Hier muss man sich oft durch unzählige Schlachten und Labyrinthe kämpfen, um seine Fähigkeiten zu verbessern, um dann eine Aufgabe zu erfüllen und dann geht die Geschichte etwas weiter. Und das immer wieder. Meist ist die Geschichte nicht so komplex. Oder es passiert viel, wo man das Gefühl hat, es passiert etwas parallel zu meinem handeln, weil sonst zu wenig passieren würde. Bei anderen Genres wie Strategie ist es noch indirekter. Oder eine Story ist meist rudimentär, wie früher bei Jump'n Runs oder Action Sidescrollern. Seit einigen Jahren gibt es jetzt aber schon Action Adventures, die diese Schart auswetzen und auch sehr direkt Handeln und Story miteinander verbinden. Aber hier setzt bei mir der Punkt ein, dass ich gerne mal entspannt spiele und Dinge in Ruhe lösen möchte.
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Brian Wilson
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Re: Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von Brian Wilson »

Um einmal die Gliederung von Bakhtosh zu übernehmen:

Was für (Point-and-Click) Adventures hast du schon gespielt?

Ins Detail kann ich hier nicht gehen, da es über die Jahre hinweg schon Einige waren. Die Wesentlichen davon hat mein Vorredner bereits genannt. Sicherlich waren die Adventures von LucasArts respektive Lucasfilm für mich die prägenden, da ich zum Einen zu Beginn der Neunziger mit dem Spielen begann, zum Anderen weil diese in Freundeskreis und Presse (damals las ich zumeist PC Joker und PC Games) am stärksten rezipiert wurden. Sierra fand für mich erst mit der "FMV"-Welle statt. Frühere Schlüsselwerke habe ich später nachgeholt, teils deutlich. Darüber hinaus begeisterten mich die Spiele von Revolution Games, vor allem "Beneath A Steel Sky" und der erste Teil von "Baphomets Fluch". "Simon The Sorcerer", "Return To Zork" und "Toonstruck" spielten zwischendurch auch eine Rolle. Seit etwa 1997 spiele ich eher punktuell, versuche mich aber halbwegs auf dem Laufenden zu halten und hier und da verpasste Titel nachzuholen.

Welche Erfahrungen hast du damit gemacht?

Schwierige Frage, sie bedarf vielleicht einer Präzision. Die Haupterfahrung, die man in guten Adventures machen kann, ist sicherlich die Möglichkeit, als Spieler Teil einer Geschichte zu werden und ins Fleisch des Helden/der Helden überzugehen, das Gefühl zu haben, nicht nur einem Abenteuer beizuwohnen, sondern dieses aktiv voranzubringen. In seltenen Fällen kann ein Adventure auch eine emotionale Wucht entfalten, die einen auch nach Spielende über längere Zeit nicht mehr loslässt, oder einen zum Nachdenken bringen. "The Beast Within", "Beneath A Steel Sky", "Blade Runner", "I Have No Mouth, And I Must Scream" oder "Syberia" haben bei mir Dergleichen bewirkt.

Was macht eine „gute“ Story für dich aus?

Ebenso wenig wie Bakhtosh vermag ich das zu pauschalisieren. Eine "gute" Story muss sich meines Erachtens glaubwürdig innerhalb des entsprechenden Settings entwickeln. "Glaubwürdig" heißt nicht unbedingt, dass alle Ereignisse und Entwicklungen per se logisch sein oder einer Linearität folgen müssen, sondern dass sie in der vorliegenden Spielewelt innerhalb des Möglichkeitshorizonts liegen. Dafür wichtig ist natürlich, dass die handlungsrelevanten Figuren, vor allen Dingen die von uns gesteuerte(n), diese Entwicklungsschritte mit vollziehen und sich durch unser Zutun mehr und mehr fortentwickeln. Nicht umsonst erzählen ja einige der besten Adventures Reifungs- und Bildungsgeschichten, zeugen vom Erwachsenwerden und dem Finden der eigenen Berufung, wie auch immer diese konkret aussehen mag.

Wie wichtig ist dir die Geschichte (auch im Vergleich zu den Rätseln)?

Diesmal kurz. Der Plot ist natürlich das Entscheidende, er sollte aber stets durch entsprechend eingebettete und folgenreiche Rätsel vorangetrieben werden. Der erzählerische Inhalt von Cutscenes hingegen sollte sich meines Erachtens eher auf Handlungsfolgen oder Überleitungen zwischen Orten beschränken.

Wie empfindest du das Erzählen?

Diese Frage verstehe ich leider nicht.


Ich hoffe, ich konnte etwas helfen? Bei Nachfragen stehe ich dir natürlich gerne zur Verfügung! So oder so: Viel Erfolg für deine Abschlussarbeit!
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BeccaKA
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Re: Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von BeccaKA »

Erstmal vielen lieben Dank für eure ausführlichen Antworten! Das gibt mir schon mal sehr viel Aufschluss ;)
Ich hab aber noch einige Nachfragen :D

@Bakhtosh, wenn du von "Ruhe" sprichst, meinst du damit, dass du zeitlich gesehen keinen Stress hast?
Und auch gleich dazu, wie reagierst du, wenn du nach längerer Zeit ein Rätsel nicht lösen kannst, also nicht voran kommst?

Hattet ihr schon mal so eine Situation, und wie seid ihr damit umgegangen?

Außerdem würde ich euch beide gerne fragen, wie ihr eure Rolle als Spieler seht. SEID ihr dann der Protagonist? @Brian, du meintest ja, dass sich die Figuren durch das Handeln des Spieler dann weiter entwickeln. Kannst du mir dazu vielleicht noch etwas mehr sagen? Vollziehst du diese Schritte vielleicht innerlich mit, oder siehst du eher das Helfen im Vordergrund?


Zu der Frage mit dem Empfinden des Erzählens muss ich zugeben, dass die etwas verkorkst gestellt sein mag :oops:
Ich meine damit, wie du die Geschichte erlebst. Als Teil davon, als Außenstehender, als Erzähler selbst... ich glaube da gibt es viele unterschiedliche Wahrnehmungen.

Mir ist später noch eine Frage eingefallen, nämlich: Seht ihr die Rätsel als Teil der Erzählung an, oder sind Geschichte und Rätsel voneinander getrennt anzusehen? Könnt ihr mir dazu noch etwas mehr erzählen ;)

Nochmal vielen Dank für die Antworten :wink:
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Brian Wilson
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Re: Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von Brian Wilson »

"Hattet ihr schon mal so eine Situation, und wie seid ihr damit umgegangen?"

Sollte ich längere Zeit bei einem Rätsel feststecken und mir dessen Lösung mit eigenen Mitteln logisch nicht erschließen können, greife ich recht unsentimental zur Lösungshilfe. Im Zweifelsfall ist mir der Fortgang der Geschichte wichtiger als die persönliche Befriedigung, jede noch so bescheuerte Aufgabe aus eigener Kraft zu meistern.
BeccaKA hat geschrieben: 08.06.2017, 16:15 @Brian, du meintest ja, dass sich die Figuren durch das Handeln des Spieler dann weiter entwickeln. Kannst du mir dazu vielleicht noch etwas mehr sagen? Vollziehst du diese Schritte vielleicht innerlich mit, oder siehst du eher das Helfen im Vordergrund?
Im Idealfall vollzieht man als Spieler die Entwicklungsschritte des Helden/der Heldin auf eine gewisse Weise auch innerlich mit. Gute Spiele zeichnen sich für mich dadurch aus, dass sie zumindest ein Identifikationsangebot unterbreiten.
Zuletzt geändert von Brian Wilson am 08.06.2017, 21:57, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von Bakhtosh »

BeccaKA hat geschrieben: 08.06.2017, 16:15@Bakhtosh, wenn du von "Ruhe" sprichst, meinst du damit, dass du zeitlich gesehen keinen Stress hast?
Ja - in anderen Genres gibt es teilweise ja auch Rätsel. Aber hier ist man oft unter Zeitdruck. In Rollenspielen oder Action Adventures tauchen z.B. immer wieder Gegner auf. Oder eine Falle schnappt zu, wenn man nicht schnell genug ist.

BeccaKA hat geschrieben: 08.06.2017, 16:15Und auch gleich dazu, wie reagierst du, wenn du nach längerer Zeit ein Rätsel nicht lösen kannst, also nicht voran kommst?
Und wieder muss ich antworten: Das kommt darauf an.

In der Zeit vor dem Internet war es oft so, dass diese Rätsel dann auch den sonstigen Tag über im Kopf blieben. In den merkwürdigsten Situationen kamen mir dann Ideen, die Abends ausprobiert wurden. Zu Schulzeiten gab es teilweise kleine Wettbewerbe, wer als erstes am weitesten kommt. Da hat man sich dann gegenseitig geholfen.

Heute kommt es darauf an, wie sehr mir das Spiel gefällt, wie ich gerade drauf bin, wieviel Zeit ich habe und wie spannend es gerade ist.

Angenommen ein Spiel gefällt mir gut, ich habe Zeit und es ist auch nicht gerade kurz vor dem Ende. Dann habe ich den Ehrgeiz es ohne Lösungshilfe zu schaffen. Wenn mir durch Nachdenken dann irgendwann keine neue Idee kommt, verfalle ich dann auf die erbärmlichste Methode: Ich versuche das "alles mit allem" Prinzip. D.h. ich probiere jeden Gegenstand auf jedem Hotspot bzw. anderen Gegenstand anzuwenden. Da bei jüngeren Adventures oft an Hotspots und Gegenständen gespart wird (u.a. um die Anzahl der Kommentare und damit Kosten für Sprachausgabe zu sparen), dauert dies meist gar nicht sooo lange.

Angenommen ich habe nicht soviel Zeit, die Story reißt mich mit und das Spiel ist kurz vor dem Ende. Dann will ich unbedingt wissen, wie es ausgeht, bevor ich das Spiel pausieren muss und vielleicht erst Tage später wieder dazu komme. Dann gucke ich im Internet auch mal in Lösungshilfen (Walkthroughs, Let's Play/Playthrough Videos) nach.

Angenommen das Spiel gefällt mir nicht so gut, aber ich habe ja Geld bezahlt und bin nicht mehr ganz am Anfang. Dann will ich halt irgendwie durchspielen, um die Story zu erleben. Aber mich nicht zu lange mit dem Spiel aufhalten. Dann gucke ich schnell mal in Lösungshilfen (s.o.), wenn ich irgendwo länger als 15 Minuten festhänge.

BeccaKA hat geschrieben: 08.06.2017, 16:15Außerdem würde ich euch beide gerne fragen, wie ihr eure Rolle als Spieler seht. SEID ihr dann der Protagonist?
Ich würde sagen in gewisser Weise sehe ich mich dann als Protagonist. D.h. ich versuche mich in die Situation und Gefühlswelt des Protagonisten hinhein zu fühlen und sehe dann auch das Lösen von Problemen und erreichen des Spielziels als "meinen" Erfolg an. Das funktioniert auch wenn man den Protagonist wechselt - wie z.B. in Zak McKracken oder Day of the Tentacle. Probleme bekomme ich dann, wenn die Protagonisten so gut wie keine Züge haben, die ich sympathisch finde. "Böse" Charaktere, die durch ihre Vergangenheit tragisch so geworden sind und immer noch Schwächen haben, funktionieren durchaus. Aber z.B. der Protagonist von Black Mirror 2 & 3 war grenzwertig. Und Lucius ging gar nicht.

BeccaKA hat geschrieben: 08.06.2017, 16:15Ich meine damit, wie du die Geschichte erlebst. Als Teil davon, als Außenstehender, als Erzähler selbst...
Optimalerweise kann ich mich in den Protagonisten hinein versetzen (siehe vorherige Frage). Und dann sehe ich mich am ehesten als Teil der Geschichte. Natürlich nur bis zu einem gewissen Grad. Ich leide nicht unter Realitätsverlust. Hoffe ich. :D

BeccaKA hat geschrieben: 08.06.2017, 16:15Mir ist später noch eine Frage eingefallen, nämlich: Seht ihr die Rätsel als Teil der Erzählung an, oder sind Geschichte und Rätsel voneinander getrennt anzusehen?
Das ist genau die Gradwanderung, die gute von nicht so guten Rätseln unterscheidet. Rätsel sollten möglichst von der Art sein, dass das Probleme sind, die man für den Protagonisten auch erwarten würde. Möchte man z.B. von einem Nebencharakter Hilfe bekommen, dann ist es plausibel, dass der etwas dafür möchte, man dies besorgen muss und mal sehen muss wo man es herbekommt. Aber wenn man plötzlich auf eine verschlossene Tür/Truhe trifft und das Schloss eine Schiebepuzzle oder ein Farbrätsel ist, dann ist das nicht plausibel und fühlt sich in dem Moment auch nicht mehr als Teil der Geschichte an. Denn wer ist im realen Leben schonmal auf so ein Schloss gestoßen? Ich falle in dem Moment gefühlt aus der Geschichte raus. Mag ich gar nicht. Aber nicht jedes Minigame muss so sein. Z.B. musste man bei Fate of Atlantis einen Ort in der Wüste nach einer Karte suchen und dafür einen Heißluftballon fliegen. Man musste erkennen, dass in verschiedenen Höhen verschiedene Winde herrschen und sich so zum Ziel treiben lassen. Das ist pausibel. Oder bei Memento Mori musste man erst Indizien sammeln und diese dann logisch in einen Tatverlauf ordnen. Da man eine Ermittlerin spielt, ist auch das plausibel.
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Re: Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von Brian Wilson »

BeccaKA hat geschrieben: 08.06.2017, 16:15Mir ist später noch eine Frage eingefallen, nämlich: Seht ihr die Rätsel als Teil der Erzählung an, oder sind Geschichte und Rätsel voneinander getrennt anzusehen?
Das ist natürlich die Gretchenfrage. Für mich sind Rätsel und Erzählung von einander nicht zu trennen. Im Idealfall sollte ein jedes Rätsel Teil der Erzählung sein bzw. diese ein Stückweit voranbringen. Bewältigte Aufgaben sollten für mich stets einen Fortschritt in der Spielwelt markieren und nicht selbstzweckhaft und zusammenhanglos über das Spielgeschehen verstreut sein.

Edit:

Vielleicht habe ich mich etwas missverständlich ausgedrückt. Klar muss in der Regel jedes Rätsel gelöst werden, um im Spiel voran zu kommen. Mir ging es eher darum, dass Rätsel einen inhaltlichen Bezug zur Erzählung haben sollten, und das haben viele der so genannten "Minispiele" eben nicht. Wie es gehen kann, zeigt etwa "Indiana Jones And The Fate Of Atlantis".

Die wiederkehrende Aufgabe, Steinscheiben unter einander so auszurichten, dass sie versteckte Mechanismen in Gang setzen, ist genau genommen auch ein Minispiel. Die Tatsache aber, dass die Lösung dieser Aufgaben mit der aufmerksamen Lektüre des spielinternen "Dialogs" einhergeht, der bei entsprechenden Fortschritten nach und nach Hintergründe zu Atlantis enthüllt, machen sie für mich zu einem positiven Beispiel dafür, dass auch eine Variation des üblichen "Adventure-Geschehens" handlungstragend sein kann.

Dass auch das Gegenteil der Fall sein kann, zeigt das selbe Spiel an anderen Stellen, vor allem in den eher schlecht umgesetzten Actionsequenzen.
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Re: Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von BeccaKA »

Danke, dass ihr euch die Zeit nehmt so ausführlich zu antworten!

Die Geschichte mit den Wettbewerben in der Schule finde ich sehr interessant. Vielleicht auch im Hinblick auf das Thema Story-Spoiler: Zum Beispiel habe ich hier in diesem Forum das Playthrough von "The Secret of Monkey Island" mal ein bisschen unter die Lupe genommen. (Habt ihr das oder ein Ähliches auch mal verfolgt, oder daran teilgenommen?) Jedenfalls ist mir da viel zum Thema Spoiler aufgefallen. Das Prinzip besteht darin, dass mehrere Menschen gleichzeitig das Spiel spielen (also wie bei dir, @Bakhtosh, in der Schule). Das ist in mehrere Abschnitte aufgeteilt, die nach Freigabe jeweils im Forum besprochen werden können. Beiträge, die etwas über diesen Abschnitt hinausgingen, gerieten dabei, meiner Meinung nach, scharf unter Kritik.

Wie geht ihr mit Spoiler um? Manchmal sieht man in den Lösungen (ob schriftlich oder im Video) auch Dinge, die man noch nicht kannte - stört euch das, vermeidet ihr so etwas, oder ist es eher egal? Wie seht ihr das?

Die Sicht auf Trennung von Erzählung und Rätsel war für mich auch sehr aufschlussreich! :)


Ich möchte euch gerne zusätzlich noch etwas Fragen, was nicht direkt mit dem Thema Erzählung in Adventures zu tun hat.
Aus welcher Motivation nehmt ihr in Forums-Gesprächen teil? Seid ihr vielleicht noch in anderen Foren angemeldet? Und was sind hier so eure "Lieblingsthemen", wo ihr sehr gerne mitdiskutiert? (weshalb? ;) )
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Re: Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von Brian Wilson »

BeccaKA hat geschrieben: 09.06.2017, 20:41 Wie geht ihr mit Spoiler um? Manchmal sieht man in den Lösungen (ob schriftlich oder im Video) auch Dinge, die man noch nicht kannte - stört euch das, vermeidet ihr so etwas, oder ist es eher egal? Wie seht ihr das?
Die Gefahr besteht bei mir grundsätzlich nicht. Schriftliche Lösungen und Playthroughs bemühe ich allerhöchstens bis zu der Stelle, an der es bei mir hakt.
Aus welcher Motivation nehmt ihr in Forums-Gesprächen teil?
Geht es um dieses Forum oder grundsätzlich um Forumskommunikation? In beiden Fällen würde ich antworten, dass derartige Plattformen die Möglichkeit bieten, sich über Interessensgebiete auszutauschen, die im direkten sozialen Umfeld eher unterrepräsentiert sind. Klar sind auch in meinem Freundeskreis die meisten einmal mit Adventures in Berührung gekommen, allerdings besteht über den Austausch von Kindheits- und Jugenderinnerungen zu einzelnen Spielen hinaus wenig Interesse am Genre an sich. Neben dem Diskussionsaspekt interessiere ich mich aber auch für weiterführende Tipps und Empfehlungen.
Seid ihr vielleicht noch in anderen Foren angemeldet?
Ja, allerdings zu anderen Themenbereichen, vornehmlich Musik.
Und was sind hier so eure "Lieblingsthemen", wo ihr sehr gerne mitdiskutiert? (weshalb? ;) )
Da ich noch recht neu im Forum bin, interessieren mich momentan noch eher Threads, die sich um Themen drehen, zu denen ich aus meinem eigenen Erfahrungsschatz schöpfen kann, zumal ich in den letzten Jahren nur selektiv gespielt habe. Vor allem bin ich in Strängen unterwegs, die sich allgemein ums Genre drehen.
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Re: Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von Bakhtosh »

BeccaKA hat geschrieben: 09.06.2017, 20:41Zum Beispiel habe ich hier in diesem Forum das Playthrough von "The Secret of Monkey Island" mal ein bisschen unter die Lupe genommen. (Habt ihr das oder ein Ähliches auch mal verfolgt, oder daran teilgenommen?)
Ja - ich habe hier im Forum zuletzt an den Playthroughs zu Syberia 1 & 2 teilgenommen: Link, Link

BeccaKA hat geschrieben: 09.06.2017, 20:41Wie geht ihr mit Spoiler um? Manchmal sieht man in den Lösungen (ob schriftlich oder im Video) auch Dinge, die man noch nicht kannte - stört euch das, vermeidet ihr so etwas, oder ist es eher egal? Wie seht ihr das?
Also wenn ich direkt nach Lösungen in einem Walkthrough oder Youtube Playthrough/Let's play suche, dann überfliege ich Text und Video nur bis zu der Stelle, wo ich mein Problem habe. Selbst bei nicht streng linearen Adventures kann ich mich nicht großartig an einen Fall erinnern, wo ich versehentlich wesentlich mehr Lösungsschritte als gewünscht gesehen hätte.

Wenn ich Threads zu einem Spiel lese, dass ich noch nicht kenne, würde mich das schon stören. Aber auch hier kann ich mich an keinen Fall erinnern. Ich vermute ohne vor dem Problem zu stehen, lese ich solche Details zwar, speichere sie aber nicht ab, weil mir der Kontext noch nicht wichtig erscheint (ich stehe ja noch nicht vor dem Problem).

Wesentlich mehr würden mich Story Spoiler stören. Aber zumindest hier im Forum wird in der Richtung löblicherweise sehr vorsichtig gepostet. Entweder wird dann nur von einer Wendung oder einem Ende gesprochen oder eben die Spoiler Funktion genutzt. Ich glaube sonst wäre ich z.B. bei Life is Strange wegen des Anfangs von Episode 4 oder dem Ende etwas sauer auf den Spoilerer gewesen.

BeccaKA hat geschrieben: 09.06.2017, 20:41Aus welcher Motivation nehmt ihr in Forums-Gesprächen teil? Seid ihr vielleicht noch in anderen Foren angemeldet? Und was sind hier so eure "Lieblingsthemen", wo ihr sehr gerne mitdiskutiert?
Über eine grundlegende Motivation habe ich noch nicht nachgedacht. Aber ich denke, dass es ähnlich wie bei Brian Wilson so ist, dass ich gerne über Dinge spreche, die mich interessieren und wo es im Umfeld nur begrenzt Interesse gibt.

Ich bin auch noch in verschiedenen Foren angemeldet, aber zum Thema Adventures hier am meisten aktiv. Die anderen Themenbereiche betreffen den Laufsport und Empfangstechnik Digitalfernsehen.

Sehr gerne diskutiere bei Themen mit, wo es sich um technische Probleme handelt. Also z.B., wenn ein Adventure nicht läuft, obwohl es von den Systemvoraussetzungen laufen müsste, wenn es nicht läuft wie es soll oder wie man ältere Adventures auf modernen Windows Systemen zum laufen bekommt, möglichst ohne eine Virtual Machine zu nutzen. Solche Themen halt. Darüber hinaus ist es sehr Tagesform abhängig, ob ich mich ein Thema anspricht oder nicht.
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Re: Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von BeccaKA »

Herzlichen Dank für eure Antworten!!

Ich habe soweit erst einmal keine weiteren Fragen mehr. Wärt ihr jedoch damit einverstanden, dass falls noch Fragen aufkommen, ich mich direkt an euch wenden kann?

Habt ihr vielleicht sonst noch Fragen an mich? :)
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Re: Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von Bakhtosh »

Mich würde interessieren, in welcher Form Du die Infos jetzt verwenden willst. Um generelle Aussagen über die Wahrnehmung von Erzählen und Erzählung in Adventures zu treffen, ist eine Stichprobengröße von 2 deutlich zu klein. Hast Du eine ähnliche Diskussion auch in anderen Adventure affinen Foren geführt? Oder willst Du jetzt auf Basis der Diskussion eine Umfrage erstellen, um eine ausreichende Stichprobe zu erhalten?
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Re: Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von Brian Wilson »

BeccaKA hat geschrieben: 13.06.2017, 10:34 Ich habe soweit erst einmal keine weiteren Fragen mehr. Wärt ihr jedoch damit einverstanden, dass falls noch Fragen aufkommen, ich mich direkt an euch wenden kann?
Klar. Immer her damit!

@Bakhtosh: Die weitere Methodik würde mich natürlich auch sehr interessieren.
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Re: Erzählen in Point-and-Click Adventures

Beitrag von BeccaKA »

Ja, ich stelle die Fragen noch in zwei anderen Foren und suche nach Überschneidungen oder Unterscheidungen bei den Aussagen. Außerdem ziehe ich auch noch Aussagen aus ähnlichen Threads heran und vergleiche. Ziel dabei ist es herauszufinden, was das Erzählen in Adventuregames ausmacht und wie die Erzählung von Spielern wahrgenommen wird.
Ich führe auch noch Interviews außerhalb von Foren durch, aber ich fand es hier so gut, erst mal einen umfassenden Eindruck zu bekommen. Und ich mag persönlich das Medium und das Schreiben sehr gerne ^^

Am Ende der Forschung beziehe ich meine Ergebnisse auch auf die Fachliteratur, und schaue, ob das was ich heraus gefunden habe mit dem Geschriebenen übereinstimmt oder etwas ganz anderes dabei rauskommt.

Zwei Leute zu befragen ist in der Tat ein bisschen wenig, aber ihr habt mir schon ungemein weitergeholfen!
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