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Interviews

Cos Russo
Gesprächspartner: Baldur 'Nomad' Brückner
Sprache:
Vom: 14.08.2004
Adventure-Treff: "Hallo Cos, da Dejavu Worlds hier in Deutschland nicht so bekannt ist, stell dich doch bitte unseren Lesern kurz vor."

Cos Russo: "Dejavu Worlds ist neu auf dem Markt, denn Alida ist mein erstes Computerspiel. Ursprünglich komme ich aus der australischen Musik-, Film- und TV-Industrie. Ich habe für zahlreiche australische Film- und TV-Produktionen Klavier und Keyboards gespielt und bei diversen (hier) bekannten Film- und TV-Soundtracks assistiert. Ich lebe und arbeite in Bowral, einer Kleinstadt in den Bergen etwa 100km südlich von Sydney."

A-T: "Da du ja nicht den ganzen Tag lang Spiele produzierst - womit verdienst du zur Zeit dein Geld? Und gibt es da eine Beziehung zwischen deinem Beruf und deinen Aktivitäten im Bereich Gamedesign?"

Cos: "Mein Beruf war immer die Musik, aber innerhalb der Musikindustrie habe ich auch schon in den Bereichen Programmierung und Grafik gearbeitet. Ich erinnere mich z.B daran, wie wir 1983 fürs Fernsehen die Musik für eine Mini-Serie komponiert haben, und da der einzige verfügbare Computer ein Apple II (mit gigantischen 64K RAM!!) war, habe ich ein Programm gebastelt, mit dem man optimale, visualisierte Umbruchmarkierungen von Musik mit unterschiedlichen Geschwindigkeiten bestimmen konnte. Jedenfalls habe ich schon immer während meiner Arbeit für die Musik- und Filmindustrie Software entwickelt. Und CD-Cover und anderes grafisches Material habe ich dabei auch entworfen. Irgendwann hat sich in mir die Überzeugung breit gemacht, dass ein Spiel zu produzieren die perfekte Synthese aller meiner Fähigkeiten ergeben würde - eine ausufernde Vorstellungsgabe, Programmierung, Grafik und Musik."

A-T: "Was hat dich dabei letztendlich zum Adventure-Genre gebracht?"

Cos: "Na ja, Riven hatte starken Einfluss auf mich. Während des Spielens war ich einfach an einem anderen Ort. Für mich war es das, was am nächsten an das Gefühl heran kommt, in einem Film drin zu sein, und ich war fasziniert von der Idee, mir eine eigene Welt zu erschaffen. Jeder Aspekt beim Produzieren eines Adventures hat etwas Kreatives und Künstlerisches - ein perfektes Projekt, um all meine Talente zu nutzen."

A-T: "Das Szenario von Alida ist ein ziemlich ungewöhnliches. Wie kommt man darauf, Alida auf einer Insel spielen zu lassen, die wie eine Gitarre geformt und auch als solche nutzbar ist?"

Cos: "Ich wollte etwas, was die Spieler sofort in seinen Bann zieht, sobald sie das Cover der Verpackung sehen. Als ich dann die Idee mit der riesigen Gitarre hatte, gab es kein Zurück mehr. Der Aufbau und die Mechanik dieser riesigen Gitarre schienen mir enorme Möglichkeiten zu bieten. Außerdem wollte ich etwas, was Alida von anderen Adventures abhebt, und ich glaube, das habe ich mit dieser monströsen Gitarre erreicht. Ursprünglich war die Idee, generell ein riesiges Instrument zu nutzen (Keyboard, Schlagzeug etc.), aber ich hatte das Gefühl, dass die Gitarre am besten zur Story passte."

A-T: "Die erste Mac-Version von Alida ist bereits im Frühjahr 2003 erschienen. Kannst du uns etwas darüber verraten, wie sich Alida bisher in kommerzieller Hinsicht so geschlagen hat?"

Cos: "2003 war Alida nur online über die Alida-Netzseite erhältlich, was die Verkäufe natürlich limitiert hat. Da mir klar war, dass ich Alida nicht so wie ein Publisher in die Regale bekommen würde, habe ich mich darauf konzentriert, im Internet möglichst viel Werbung dafür zu machen."

A-T: "Wie hast du denn dann letztendlich den Kontakt zu Got Game Entertainment bzw. Project 3, deinen Publishern, hergestellt?"

Cos: "Mir war klar, dass Alida einen gewissen Standard aufweisen musste, um eine Chance zu haben. Während der Produktion bin ich keinerlei Kompromisse eingegangen, um z.B. Zeit zu sparen, und ich glaube, das haben die ersten Spieler zu schätzen gewusst. Es war halt offensichtlich, dass eine Menge Zeit und Herzblut in Alida geflossen sind. Dadurch wurde in diversen Foren über Alida diskutiert, und mit der Zeit steigerten sich die Verkaufszahlen. Schließlich gab es dann auch ein paar positive Reviews. Im Endeffekt konnte ich Alida über das Netz so bekannt machen, dass Publisher aufmerksam wurden. Ich freue mich schon auf die weitere Zusammenarbeit mit den Leuten, mit denen ich Verträge habe - ich habe mich da mit ein paar echt tollen Leuten angefreundet."

A-T: "Kannst du uns ein paar technische Details über Alida verraten? Mit welchen Programmen wurden z.B. Grafik, Musik und Animationen erstellt, und wie lange hat die Produktion gedauert?"

Cos: "Ich habe 1998 mit der Arbeit am Spiel begonnen und bin Ende 2002 fertig geworden. Alida wurde komplett auf Macintosh-Rechnern erstellt. Hauptsächlich benutzt wurden: Strata Studio Pro für die 3D-Modelle, Adobe Photoshop für die Überarbeitung der Texturen, Adobe Illustrator für das Design, Final Cut Pro für die Editierung von Animationen, Videos und Sound, Cleaner für die finale Kompression von Videos und Animationen, SuperCard für das Mac-Scripting und Revolution für das PC-Scripting. Alle Texturen der 3D-Modelle von Alida entstanden anhand von digitalen Photos von Landschaften hier in Bowral/Australien. Hier sind auch viele der insgesamt 24 unterschiedlichen, sphärischen Musikstücke aufgenommen worden."

A-T: "Das Adventure-Genre hat offensichtlich schon bessere Tage gesehen, und innerhalb der "Szene" gibt es eine ständige Diskussion über die aktuelle Situation und die Zukunft des Genres. Wie ist dein Standpunkt zu dieser Thematik? Wo siehst du das Genre jetzt und wo in der Zukunft?"

Cos: "Das Adventure-Genre ist wie ein Musik-Genre. Die wenigsten Leute würden zugeben, Country zu mögen, aber Country ist weltweit eines der populärsten und umsatzstärksten Genres. Ich glaube, der Adventure-Markt wird wieder wachsen, wenn die Industrie Spiele bringt, die phantasievoll sind und das gewisse Etwas haben, und die die Vorstellungskraft fördern. Konsolenfans stehen auf hektische Spiele; dort holen sie sich Kicks und Adrenalin. Ich schätze, Adventure-Fans bevorzugen es, in die Welt, die sie erforschen, einzutauchen. Sie wollen, dass Grafik, Sound und Musik sie an einen anderen Ort transportieren. Das wollte ich auch mit Alida erreichen - Spieler aus ihrem Alltag in die Welt von Alida versetzen."

A-T: "Was sind deine Pläne für die Zukunft? Arbeitest du bereits an einem weiteren Spiel, oder gibt es wenigstens Ideen dafür? Falls ja, bitte Details..."

Cos: "Es gibt keine festen Pläne. Aber mir spuken eine Menge Ideen im Kopf herum, und diese Ideen würde ich gerne in einer Alida-Fortsetzung verwirklichen. Die Bi-Sphäre wäre sicherlich ein Schwerpunkt einer solchen Fortsetzung."

A-T: "Danke, dass du dir für uns Zeit genommen hast. Zum Schluss... Du weißt schon: Berühmte letzte Worte?"

Cos: "Ich hoffe, Alida macht euch Spass. Immerhin war das Spiel in den letzten Jahren ein großer Teil meines Lebens. Wenn es euch auch nur für einen Moment gefangen nimmt und an einen anderen Ort versetzt, war's die Mühe wert."